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       # taz.de -- Verlorene Container der MSC Zoe: Die Zeit drängt für das Wattenmeer
       
       > Noch immer befinden sich mehr als 200 Container in der Nordsee,
       > schlechtes Wetter verzögert die Bergung. Es droht eine Öko-Katastrophe.
       
   IMG Bild: Sollten schnell geborgen werden: Container im Meer
       
       Amsterdam taz | Die große Bergungsoperation steht kurz bevor, doch nun hakt
       es. Seit Ende vergangener Woche bereiten die niederländischen Behörden
       einen Einsatz in der Nordsee vor, um die [1][über Bord gegangenen
       Container] des Frachtschiffs „MSC Zoe“ an Land zu bringen. Wegen schlechten
       Wetters und anhaltend hoher Wellen wird der Beginn der Operation seither
       täglich verschoben.
       
       Am Mittwochmorgen meldete die Wasserbehörde Rijkswaterstaat dann
       schließlich, dass zwei Schiffe unterwegs zu ihren Einsatzorten seien – und
       dort warten. „So sind sie schneller zur Stelle, um mit der Bergung zu
       beginnen, wenn das Wetter es zulässt.“
       
       Die „MSC Zoe“, eines der weltweit größten Containerschiff, war in der Nacht
       vom 1. auf den 2. Januar unterwegs nach Bremerhaven. In einem Sturm verlor
       es 291 Container. 18 wurden inzwischen angespült: einer davon in
       Deutschland, der Rest an der niederländischen Küste und vor allem auf den
       Watteninseln.
       
       220 Objekte, so Rijkswaterstaat, konnten bisher mithilfe von Sonarverfahren
       geortet werden. Neben dem Wetter erschwert auch die Lage der Behälter ihre
       Bergung: die meisten gingen in einer stark frequentierten Fahrrinne
       nördlich der Watteninseln und nahe der Emsmündung über Bord.
       
       ## Es wäre Eile geboten
       
       Unklar ist nicht nur der Beginn, sondern auch die Dauer der Bergung. In den
       Niederlanden geht man davon aus, dass die Arbeiten mehrere Monate in
       Anspruch nehmen werden. Genau darin liegt aber ein Problem, denn aus
       ökologischen Gründen ist eigentlich Eile geboten. Neben Gebrauchsgütern wie
       Matratzen, Kühlschränken, Autoreifen oder Flatscreen-Fernsehern ist der
       Inhalt vieler Container nämlich alles andere als harmlos.
       
       In einem Fall geht es um 280 Säcke mit jeweils 25 Kilogramm
       Dibenzoylperoxid. Das Pulver wird unter anderem in der Pharmaindustrie
       verwendet. Ein weiterer Container enthielt 1.400 Kilogramm
       Lithium-Ionen-Batterien. Beide Container sind nach Angaben von
       Rijkswaterstaat [2][noch nicht lokalisiert].
       
       Laut dem Forschungsinstitut Wageningen Marine Research können durch die
       Batterien toxische Substanzen freigesetzt werden, darunter
       Lithium-Cobalt-Oxid, Ethylencarbonat und Lithiumhexafluorophosphat. Die
       eigentlich leckdichte Ummantelung der Batterien könne durch ständige
       Einwirkung von Meerwasser beschädigt werden.
       
       Das größte Umweltrisiko jedoch stellen Kunststoffe dar. Es geht um
       Mikroplastik, das bereits in erheblichen Mengen an den Stränden der
       Watteninseln angespült wurde. Der regionale TV Sender Omrop Fryslan meldete
       zu Wochenbeginn, dass es allein auf Schiermonnikoog um rund vier Millionen
       kleine Teilchen gehen soll. Dabei soll es sich vor allem um
       Hart-Polyethylen (HDPE), handeln – aber auch um Styropor, das als
       Isolationsmaterial verwendet wurde.
       
       ## Katastophenplan aufstellen
       
       Die Meeresökologin Lies van Nieuwenburgh sagte der taz: „HDPE ist ein
       Grundstoff, aus dem andere Plastiksorten hergestellt werden. Das ist
       ohnehin schwierig aufzuräumen. Wenn das nicht bald geschieht, zersetzt sich
       das in noch kleinere Partikel.“ Diese würden von Vögeln gegessen und
       landeten in Muscheln.
       
       Über Fische und Schalentiere endeten die Plastikpartikel in der
       Nahrungskette und letzten Endes beim Menschen. „Lokal ist das eine
       Katastrophe“, sagt van Nieuwenburgh. „Aber andererseits ist dies natürlich
       ein Augenöffner für die Situation auch in vielen anderen Teilen der Welt.“
       Plastikpartikel belasten weltweit die Ozeane.
       
       Lutz Jacobi, Direktorin der Landesweiten Vereinigung zur Erhaltung des
       Wattenmeeres, sagte Omrop Fryslan, man könne nun bereits von einer
       Katastrophe sprechen. Die Kunststoffteilchen lägen nicht nur an den
       Stränden, sondern auch in den Dünen. „Ich sah schon, wie Möwen ins Plastik
       pickten.“
       
       Cora van Nieuwenhuizen, die niederländische Ministerin für Infrastruktur
       und Wasserwirtschaft, zeigte sich bei einem Ortsbesuch ebenfalls besorgt.
       Sie unterstützt die Idee, in der betroffenen Region einen Katastrophenplan
       aufzustellen. Zugleich regte sie an, der Containertransport müsse sicherer
       werden. Albert de Hoop, der ehemalige Bürgermeister der Insel Ameland,
       sagte dem niederländischen Fernsehsender NOS, im gesamten Wattengebiet
       Deutschlands, Dänemarks und der Niederlande fielen jährlich 150 Container
       über Bord.
       
       16 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Müller
       
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