# taz.de -- Verschärftes Polizeigesetz in NRW: Verdächtig sind alle, die so aussehen
> Wie andere Bundesländer verschärft auch NRW das Polizeigesetz. Damit
> stellt es seine Bürger unter Generalverdacht.
IMG Bild: Das Land sei auf dem Weg zum „Polizei- und Überwachungsstaat“, kritisierte Frank Nobis von der Strafverteidigervereinigung NRW
Bochum taz | Unter heftiger Kritik von Opposition und Bürgerrechtsverbänden
hat Nordrhein-Westfalens Landtag am Donnerstag in erster Lesung über das
neue, von CDU-Innenminister Herbert Reul vorgelegte verschärfte
Landespolizeigesetz debattiert. „Sie nehmen in Kauf, gegen die Verfassung
zu verstoßen“, warnte die Innenexpertin der Grünen, Verena Schäffer.
„Grundrechte wie die persönliche Freiheit und die informationelle
Selbstbestimmung sind in Gefahr“, mahnte auch der SPD-Abgeordnete Hartmut
Ganzke.
Konkret sieht das Gesetz die Ausweitung des sogenannten
Unterbindungsgewahrsams auf bis zu einen Monat vor – bisher konnte die
Landespolizei eine solche vorbeugende Haft nur für maximal 48 Stunden
anordnen. Geplant ist außerdem eine verstärkte Telefon-, Internet- und
Videoüberwachung sowie die Einführung von elektronischen Fußfesseln und
Elektroschockpistolen.
Auch die Schleierfahndung brachte der Innenminister im Gesetzesentwurf
unter – aus Rücksichtnahme auf den Koalitionspartner FDP wird sie jetzt
allerdings „Strategische Fahndung“ genannt: Ohne jeglichen Verdacht soll
die Polizei künftig jedeN an allen öffentlichen Orten nach der Identität
befragen und durchsuchen dürfen.
Reuls Entwurf bedeute „Überwachung, Kontrolle und schränkt die Freiheit
aller massiv ein“, warnten deshalb nicht nur AktivistInnen vom Netzwerk
„Nein zum Polizeigesetz NRW“ bei einer Demo vor dem Düsseldorfer Parlament.
Das Land sei auf dem Weg zum „Polizei- und Überwachungsstaat“, kritisierte
auch Frank Nobis von der Strafverteidigervereinigung NRW. Reul wolle der
Polizei „Befugnisse wie letztmalig 1945“ verschaffen. Im Gesetz werde
überhaupt nicht definiert, wer künftig als „Gefährder“ gelten und deshalb
überwacht oder gar präventiv in Haft genommen werden soll. Reuls
Initiative könne sich damit längst nicht nur gegen potenzielle
Terroristen, sondern auch gegen „Whistleblower, Demonstranten, Streikführer
oder Fußballzuschauer“ richten.
## Noch härter sind die Regelungen in Bayern
Nordrhein-Westfalen ist nicht das einzige Bundesland, in dem eine
Verschärfung des Polizeigesetzes geplant oder gar schon umgesetzt ist. In
Niedersachsen präsentierte SPD-Innenminister Boris Pistorius im Namen der
in Hannover regierenden Großen Koalition ebenfalls am Donnerstag Pläne für
Fußfesseln, Telekommunikationsüberwachung und Online-Durchsuchung.
Potenzielle „Gefährder“ sollen sogar bis zu 74 Tage vorbeugend in Haft
genommen werden können.
Noch härter sind die Regelungen im bayerischen Polizeigesetz, das die CSU
des neuen Bundesinnenministers Horst Seehofer bereits im vergangenen Sommer
durch den Landtag gepaukt hat – dort können [1][vorbeugend bis zu drei
Monate Freiheitsentzug angeordnet werden]. Verschärfungen gab es auch im
grün-schwarz regierten Baden-Württemberg und im schwarz-grün regierten
Hessen. Der Entwurf in NRW soll noch vor der Sommerpause verabschiedet
werden.
27 Apr 2018
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DIR Andreas Wyputta
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