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       # taz.de -- Versteigerung von NS-Devotionalien: Hitlers Zylinder unterm Hammer
       
       > Ein Münchener Auktionshaus versteigert neben Hitlers Hut auch Eva Brauns
       > Cocktailkleid. Dagegen regt sich Protest.
       
   IMG Bild: Als Hitler das rosa Kaninchen stahl, hat er es hier versteckt? Das ist jedenfalls sein Zylinder
       
       Berlin taz | Wollten Sie nicht schon immer mal Hitlers Zylinder auf dem
       Kopf haben? Oder in Eva Brauns Cocktailkleid aus schwarzer Seide schlüpfen?
       Dazu eine englische Ausgabe von „Mein Kampf“ lesen und Kuchen von Magda
       Goebbels Nymphenburg-Porzellanservice picken?
       
       Solche zutiefst abgründigen Wünsche können Sie sich jetzt erfüllen. Das
       Münchner Auktionshaus Hermann Historica versteigert am kommenden Mittwoch
       jede Menge Nazi-Devotionalien. Bei der äußerst fragwürden Versteigerung
       sollen 842 Gegenstände unter den Hammer gehen, neben Hitlers Hut und Eva
       Brauns Kleid beispielsweise zwölf Kaffeelöffel von SS-Reichsführer Heinrich
       Himmler, eine „silbergefasste Kristallkaraffe“ von Hermann Göring und
       Gerätschaften wie den„Stabsstandartenträger mit der Führerstandarte“.
       
       Ganz billig wird der zweifelhafte Spaß allerdings nicht: Das Mindestgebot
       für den Hitler-Hut liegt bei 12.500 Euro. Eine deutsche Luxusausgabe von
       „Mein Kampf“ wird ab 75.000 Euro aufwärts angeboten.
       
       ## Offener Brief der European Jewish Association
       
       Es ist nicht das erste Mal, dass Hermann Historica Propagandamaterial und
       andere Gegenstände der NS-Zeit, Waffen und Militärgerät versteigert. Das
       Haus steht deshalb immer wieder im Ruf, mit Nazi-Reliquien skrupellos Geld
       zu verdienen. Auch die für Mittwoch angekündigte Versteigerung sorgt seit
       Tagen für öffentliche Empörung. So forderte Menachim Margolin,
       Generaldirektor der European Jewish Association (eja), [1][in einem Brief
       an das Auktionshaus], die Auktion abzusagen. „Mit einigen Dingen sollte man
       einfach keinen Handel treiben“, heißt es in dem Schreiben.
       
       Seit dem eja-Brief bekomme er Mails, in denen er beschimpft werde, sagt
       Bernhard Pacher, Geschäftsführer des Auktionshauses Hermann Historica. Er
       versteht die Aufregung nicht: „Der mit Abstand größte Teil der Kunden, der
       bei uns einkauft, sind Museen, staatliche Sammlungen und private Sammler,
       die sich wirklich akribisch mit dem Thema auseinandersetzen.“
       
       ## „Fachgebiet Schusswaffen“
       
       Das rund 50 Jahre alte Versteigerungshaus Hermann Historica [2][preist sich
       auf seiner Homepage] als „eines der weltweit führenden Auktionshäuser auf
       den Spezialgebieten Alte Waffen, Antiken, Orden, Geschichtliche und
       Militärhistorische Sammlungstücke sowie Jagdliches“. Als Fachgebiete werden
       unter anderem „Schusswaffen“, „Alte Schusswaffen“, „Orden & Militaria“ und
       „Deutsche Zeitgeschichte“ ausgewiesen.
       
       Waffen gehen bei dem Münchner Versteigerungshaus besonders gut. Der Katalog
       für die „Schusswaffen aus fünf Jahrhunderten“ kostet 10 Euro. Aber es gibt
       auch Ritterrüstungen, antike Kunst und Kunsthandwerk.
       
       Wer in Deutschland Waffen kauft – ob im Laden, im Netz oder bei
       Versteigerungen –, muss einen gültigen Waffenschein haben. Jeder Kauf und
       Verkauf wird gewöhnlich den Behörden gemeldet. Bei dem Münchner
       Auktionshaus werde jede Waffentransaktion laut Geschäftsführer Pacher zudem
       ins dortige Waffenhandelsbuch eingetragen.
       
       ## Anonymer geht's im Darknet
       
       Der größte Handelsplatz für Waffen ist allerdings das anonyme Darknet. Laut
       dem Darknet-Experen Otto Hostettler, Autor des Buchs „Die Schattenwelt des
       Internets“, werden allein auf der Plattform AlphaBay mehrere tausend Waffen
       angeboten. Es sei in der Regel sehr einfach, an die Waffen zu gelangen,
       sagt Hostettler.
       
       Wie einfach, zeigt ein Fall aus Niedersachsen. In Hannover hat die Polizei
       Ende März [3][über 50 Waffen, rund 3.650 Schuss funktionsfähige Munition
       und 98.000 Euro in bar] in der Zweizimmerwohnung zweier Männer gefunden.
       Die Männer, bei denen es sich um Vater und Sohn handelt, stehen seit
       September in Hannover vor Gericht.
       
       Die Anklage vermutete bei dem Sohn einen rechtsextremen Hintergrund. „Wir
       sind überzeugt davon, dass er die Waffen nicht aus Sammelleidenschaft
       angeschafft hat, sondern um vorgerüstet zu sein“, erklärte seinerzeit Bernd
       Kolkmeier, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Celle.
       
       Das Auktionshaus Hermann Historica meint gegen solche Kundschaft gefeit zu
       sein: „Jeder Teilnehmer, der zur Auktion kommt und uns noch nicht aus
       früheren Auktionen persönlich bekannt ist, muss sich an der Rezeption mit
       allen Daten registrieren“, sagt Geschäftsführer Pacher gegenüber der taz.
       Der Zugang zu den Ausstellungsräumen sei limitiert, die Kontrollen für die
       Versteigerung am Mittwoch „noch schärfer als bisher“. „Wir wollen das
       rechte Publikum nicht bedienen und bedienen es auch nicht“, meint Pacher:
       „Die Hintergründe unserer Käufer sind uns wohlbekannt. Ich kann versichern,
       da sind keine Nazis dabei.“
       
       18 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.ejassociation.eu/hot-topics/some-things-simply-should-not-be-traded-writes-eu-jewish-head-to-munich-auction-house-ahead-of-nazi-memorabilia-sale/
   DIR [2] https://www.hermann-historica.de/de/
   DIR [3] /Prozess-in-Hannover-gegen-Rechtsextreme/!5626274
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schmollack
       
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