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       # taz.de -- Vertrauen ist gut, Kontrolle besser: Neues aus der Anstalt
       
       > Die „Wohnraumversorgung Berlin“ soll den sechs Berliner
       > Wohnungsbaugesellschaften künftig auf die Finger schauen.
       
   IMG Bild: Baupreise überprüfen: Katrin Lompscher bei einem Richtfest der Howoge
       
       Das mit dem Namen müssen sie noch üben. „Wir reden heute über die
       Wohnraumversorgung Berlin“, sagt Behördensprecherin Petra Rohland am
       Donnerstag. Das Wort Anstalt klinge irgendwie komisch. Die beiden Vorstände
       aber sprechen ungeniert von „der Anstalt“. Wie aber soll man eine
       Institution nennen, die formal richtig „Wohnraumversorgung Berlin. Anstalt
       öffentlichen Rechts“ heißt?
       
       Verhält es sich mit dem, was die Anstalt darf, ebenso wie mit dem Namen?
       Schwer zu sagen halt? Weil Bausenatorin Katrin Lompscher um das Dilemma
       weiß, stellt sie, bevor sie den beiden Vorständen das Wort erteilt, erst
       einmal die Geschichte der Anstalt vor. Die nämlich ist ein Ergebnis des
       Mietenvolksentscheids und des Wohnraumversorgungsgesetzes, auf das sich die
       Initiatoren des Entscheids und der Senat im Sommer 2016 geeinigt hatten.
       „Ich freue mich, eine Einrichtung zu haben, die das Land bei der
       Entwicklung neuer Leitlinien für die Wohnungsbaugesellschaften
       unterstützt“, so Lompscher.
       
       Die Linken-Politikerin weiß, dass die Erwartungen hoch sind. Gerade erst
       musste sie mit dem Finanzsenator die Wohnungsbaugesellschaften zwingen, die
       Mieterhöhungen zurückzunehmen, die dem rot-rot-grünen Koalitionsvertrag
       zuwiderliefen. Lompscher verwies darauf, dass eine neue Vereinbarung in
       Arbeit sei, die Degewo und Co verpflichte, künftig nicht mehr als 2 Prozent
       mehr Miete pro Jahr zu verlangen. „Wir wollen das schnell regeln“, so
       Lompscher. Bis Ende Februar erwartet die Bausenatorin eine Einigung.
       Schließlich ist eine soziale Ausrichtung der sechs landeseigenen
       Gesellschaften, die mehr als 300.000 der 1,9 Millionen Berliner Wohnungen
       vermieten, eine der Hauptforderungen des Mietenvolksentscheids gewesen.
       
       Und die Anstalt sollte der entscheidende Hebel sein. Personell hatte der
       Finanzsenator schon vorgelegt. Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) hatte mit Jan
       Kuhnert einen der Initiatoren des Volksentscheids zum Vorstand der
       „Wohnraum Berlin“ nominiert. Gestern nun stellte die Bausenatorin mit
       Philipp Mühlberg den zweiten Vorstand vor. Anders als Kuhnert kommt
       Mühlberg nicht von außen, sondern aus der Bauverwaltung. Seine
       Arbeitsfelder waren unter anderem Quartiersmanagement und das
       Fachcontrolling der Wohnungsgesellschaften.
       
       Gemeinsam mit Kuhnert benannte Mühlberg die Schwerpunkte, denen sich die
       Anstalt in den kommenden beiden Jahren widmen soll. So sollen die
       umstrittenen Mieterratswahlen evaluiert und die Sanierungspraxis der
       Gesellschaften überprüft werden. Darüber hinaus soll geschaut werden, ob
       sich die Baukosten senken lassen und die Gesellschaften tatsächlich mehr
       als die Hälfte der freien Wohnungen an Wohnungssuchende mit WBS vergeben.
       
       Bausenatorin Lompscher versucht, die Erwartungen etwas zu dämpfen. „Die
       Anstalt hat für uns eine beratende Funktion“, sagt sie. Noch immer sei der
       Senat als Gesellschafter für die Umsetzung der Wohnungspolitik bei den
       Gesellschaften verantwortlich. Von einer umfassenden Kontrolle, wie es der
       Mietenvolksentscheid verlangt hatte, ist im Wohnraumversorgungsgesetz keine
       Rede mehr.
       
       Immerhin ist mit dem Beirat der Anstalt ein Gremium geschaffen, das die
       politische Debatte um die städtische Wohnungspolitik transparent macht.
       Vertreter der Mieter sind in dem 21-köpfigen Gremium ebenso vertreten wie
       die Wohnungswirtschaft und die Stadtgesellschaft.
       
       9 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
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