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       # taz.de -- Vertretung des britischen Premiers: Ein idealer Posten für Dominic Raab
       
       > Außenminister Dominic Raab vertritt den an Covid-19 erkrankten britischen
       > Premier Boris Johnson. Denn Raab ist der „First Secretary of State“.
       
   IMG Bild: Dominic Raab – als Außenminister nicht ungeeignet, aber Charme hat er keinen
       
       Berlin taz | Die Verschlimmerung des Zustands von Großbritanniens
       Covid-19-erkranktem Premierminister hat die Spitze der britischen Regierung
       durcheinandergewirbelt. Außenminister Dominic Raab vertritt jetzt Boris
       Johnson als Premierminister „wo nötig“, wie das Amt des Premiers noch am
       Montagabend mitteilte, als dieser nach einem Tag Krankenhausaufenthalt
       [1][auf die Intensivstation verlegt wurde]. Ebenso unklar wie der genaue
       Zustand des Premiers blieb am Dienstag der genaue Zuschnitt dieser
       Vertretung.
       
       Eigentlich ist alles ganz einfach. Dominic Raab ist im britischen Kabinett
       nicht nur Außenminister, sondern auch „First Secretary of State“. Das ist
       der protokollarisch ranghöchste Kabinettsminister, mit keinem speziellen
       Ressort verbunden. Der First Secretary springt automatisch für den
       Premierminister ein, wenn dieser unpässlich ist. Zum Beispiel bei der
       Fragestunde im Parlament, wenn der Premier gerade irgendwo auf Staatsbesuch
       verreist ist.
       
       Dass der Premier auf einer Intensivstation liegt und um sein Leben kämpft,
       [2][war 1962 bei der Erfindung des „First Secretary“ nicht vorgesehen]. Für
       Dominic Raab ist der Posten allerdings ideal. Der 46-Jährige ist ein
       Senkrechtstarter der britischen Politik. Mit Jura-Abschlüssen aus Oxford
       und Cambridge startete der Sohn eines 1938 nach Großbritannien geflohenen
       tschechischen Juden seine Karriere auf der internationalistischen Seite des
       angelsächsischen Rechts. Er arbeitete in der Bürgerrechtsbewegung Liberty,
       in der palästinensischen Bir-Zeit-Universität und dann, nach seinem
       Eintritt ins Außenministerium als Diplomat, in der britischen Delegation in
       Den Haag.
       
       ## Charme geht ihm ab
       
       2010 ließ er sich für den sicheren konservativen Wahlkreis Esher and Walton
       im Großraum London ins britische Unterhaus wählen. Er brachte das
       Magnitsky-Gesetz, das britische Sanktionen gegen Menschenrechtsverletzungen
       weltweit ermöglicht und Vorbild für andere Länder geworden ist, durch das
       britische Parlament.
       
       Aber seit Raab 2016 für den Brexit eintrat und [3][2018 Brexit-Minister
       unter Theresa May] wurde, bis er aus Protest gegen ihre EU-Politik
       zurücktrat, zeichnen linke Kritiker von ihm das Bild eines aggressiven
       reaktionären Hardliners. Dass ihm öffentlicher Charme eher abgeht,
       erleichtert diese Kritik und erschwert ihm den öffentlichen Erfolg als
       Außenminister – ein Amt, für das er ansonsten wie geschaffen scheint und
       das er bei der Regierungsübernahme Boris Johnsons im Juli 2019 erhielt.
       
       Manche ältere Konservative sind von Raab inzwischen enttäuscht und halten
       ihn für ein Leichtgewicht. Nun steigt er noch weiter auf. Böse Zungen
       sagen, das solle nur den Corona-Dauerstreit zwischen Kabinettsminister
       Michael Gove – Johnsons eigentliche Nummer zwei – und Gesundheitsminister
       Michael Hancock neutralisieren. Weise Beobachter raten Raab, von allen
       anderen Themen möglichst die Finger zu lassen. Man werde ihm sowieso auf
       alles, was er vorschlägt, „Aber Boris hat gesagt“ antworten.
       
       7 Apr 2020
       
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