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       # taz.de -- Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach: Flottenchef versenkt
       
       > Der Chef der deutschen Marine wird gefeuert. Er forderte ein Bündnis mit
       > dem „christlichen“ Russland gegen China, gegen das Krieg bevorstehe
       
   IMG Bild: Sucht einen neuen Job: Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach
       
       Die Verstimmung zwischen Deutschland und der Ukraine hat am Wochenende eine
       neue Qualität erreicht. Anlass ist ein kurioser Auftritt des Chefs der
       deutschen Marine, Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach, in dem er Russlands
       Präsidenten Wladimir Putin in Schutz nahm und die Annexion der Krim
       anerkannte. Nach dem Publikwerden des Vortrags wurde Schönbach mit
       sofortiger Wirkung“ von seinen Aufgaben entbunden, [1][gab
       Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD)] am Samstagabend
       bekannt. Wegen der Äußerungen bestellte die ukrainische Regierung die
       deutsche Botschafterin in Kiew ein.
       
       Schönbach, der die deutsche Marine kommandiert, hatte am Freitag bei einem
       Zwischenstopp der Fregatte „Bayern“ in Mumbai einen Vortrag vor Indiens
       führender militärstrategischer Organisation „Manohar Parrikar Institute for
       Defence Studies and Analyses“ (MP-IDSA) über „Deutschlands
       Indopazifikstrategie“ gehalten. [2][In der Diskussion nach dem Vortrag
       forderte er] ein Bündnis Deutschlands mit Russland und nahm den russischen
       Präsidenten Wladimir Putin in Schutz, da dieser ein christliches Land führe
       und „Respekt“ verdiene.
       
       Vollständig sagte der deutsche Marinechef: „Meine Ministerin fragte mich:
       Was denken Sie, was Russland wirklich will? Ist Russland wirklich an einem
       winzig kleinen Streifens ukrainischen Bodens interessiert, um es seinem
       Land anzugliedern? Nein, das ist Unsinn. Ich glaube, Putin übt
       wahrscheinlich Druck aus, weil er es kann. Er weiß, dass er die EU spalten
       kann. Was er wirklich will, ist Respekt. Er will Respekt auf Augenhöhe.
       Mein Gott, gebt ihm Respekt! Es kostet wenig, sogar nichts. Wenn man mich
       fragen würde, aber man fragt mich nicht: Es ist leicht, ihm den Respekt zu
       geben, den er verlangt und wohl auch verdient. Russland ist ein altes Land,
       Russland ist ein wichtiges Land. Sogar wir, Indien, Deutschland, brauchen
       Russland, wir brauchen Russland gegen China.“
       
       Und weiter: „Ich bin ein ganz radikaler Katholik, ich glaube an Gott und an
       das Christentum – und da haben wir ein christliches Land. Putin ist ein
       Atheist, aber das macht nichts. Ich denke, dieses große Land, auch wenn es
       keine Demokratie ist, als bilateralen Partner zu haben, mit EU und USA auf
       Augenhöhe, ist einfach und es hält Russland wahrscheinlich von China fern.“
       Dann sagte Schönbach noch, die Krim sei „weg“ und werde „nie zurückkommen,
       das ist ein Fakt“.
       
       ## „Dieser Geruch in diesen Räumen in Indien“
       
       Diese Äußerungen sorgten prompt für Empörung. Die ukrainische Regierung
       bestellte am Samstag die deutsche Botschafterin Anka Feldhusen ein.
       Vizeadmiral Schönbach wurde zum Rapport bei Generalinspekteur Eberhard Zorn
       einbestellt, seinem Vorgesetzten. Dem kam er jedoch durch seinen Rücktritt
       zuvor. Davor noch bezeichnete der Admiral via Twitter seine
       „sicherheitspolitischen Äußerungen“ in Indien als „klaren Fehler“ und
       sagte, sie „gaben meine persönliche Meinung in diesem Moment vor Ort
       wieder“. Welche Meinung er zu einem anderen Moment an einem anderen Ort
       vertritt, ließ Schönbach offen.
       
       Der gesamte Auftritt, einschließlich Diskussion, wurde vom MP-IDSA live auf
       YouTube gestreamt, worauf der Direktor mehrfach hinweist. Schönbach tritt
       in Uniform auf, also in offizieller Funktion, und blickt mehrfach Richtung
       Videokamera. Seine Äußerungen seien „teilweise offiziell, teilweise private
       Haltung“, sagt er, aber präzisiert später: „Alles, was ich Ihnen hier sage,
       muss von meinen politischen Herren abgesegnet sein.“
       
       In seinem Vortrag sagt der Admiral noch einige andere erstaunliche Dinge.
       Er nennt die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) „jung“ und
       „unerfahren, wie viele andere“, und sagt, letztlich sei die Haltung zu
       Russland „Außenpolitik“ und „politische Fragen sind Modefragen und
       Emotionen“. In seinen einleitenden Worten versucht der deutsche Marinechef,
       Verbundenheit mit Indien mit folgenden Worten zu demonstrieren: „Gestern
       sagte ich Indiens Marinechef: Dieser gewisse Geruch, den habt ihr auf den
       Straßen und auch hier in diesen Räumen – ich könnte meine Augen schließen,
       und wenn mich jemand fragt, wo ich bin, weiß ich: Ich bin in Indien.“
       
       ## Ukrainer reden von deutschem Größenwahn
       
       Inhaltlich richtet sich sein Vortrag vor allem gegen China, das „kein
       nettes Land“ sei und „mehr als ein Rivale: Es wird kämpfen.“ China
       versuche, die EU und die Nato zu spalten. „Das muss enden, und am Ende ist
       der einzige Weg, das mit Gewalt zu tun“, sagt der deutsche Admiral. Indien
       müsse eine breite Allianz gegen China schmieden: „Ich glaube, es wird Krieg
       geben – wahrscheinlich nicht in den nächsten zwei oder drei Jahren, aber im
       nächsten oder übernächsten Jahrzehnt.“
       
       Rechte Kreise in Deutschland sehen in Schönbach jetzt einen Helden, den man
       kaltstelle, weil er die „Wahrheit“ sage. „Deutsche Arroganz und Größenwahn“
       nennt all das in einem Interview hingegen der ukrainische Botschafter in
       Berlin und wundert sich, dass „einer der hochrangigsten Köpfe der
       Bundeswehr von einer heiligen Allianz mit Kriegsverbrecher Putin und einem
       deutsch-russischen modernen Kreuzzug gegen China träumt“.
       
       Zuvor hatte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba bereits Unmut
       darüber geäußert, [3][dass die Bundesregierung der Ukraine keine Waffen
       liefern will.] Aktuell sorgt für Streit, dass Deutschland die Genehmigung
       eines Weiterexports einst aus Deutschland nach Estland gelieferter
       Haubitzen in die Ukraine blockiert. Bundesverteidigungsministerin Lambrecht
       stellte am Wochenende nur „ein komplettes Feldlazarett“ für die Ukraine in
       Aussicht.
       
       23 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Die-Ampel-Politik-wird-weiblicher/!5818635
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=ODmkoGQw1TU
   DIR [3] /Waffenlieferungen-an-die-Ukraine/!5829064
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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