URI: 
       # taz.de -- Volksabstimmung in Katalonien: Mit oder ohne Erlaubnis aus Madrid
       
       > Am 1. Oktober sollen die Katalanen über ihre Unabhängigkeit entscheiden.
       > Nur Wahlurnen fehlen. Die Regierung droht mit der Armee.
       
   IMG Bild: Manchester City-Manager Guardiola und Kataloniens Ministerpräsident Puigdemont sind dafür
       
       Der Chef der katalanischen Autonomieregierung Carles Puigdemont will es
       wissen. Seine Wahlliste „Gemeinsam für das Ja“ und die antikapitalistische
       CUP, die zusammen eine Mehrheit im katalanischen Parlament stellen,
       präsentierten am Dienstagabend in einem Theater in Barcelona ein Gesetz zur
       Durchführung des Unabhängigkeitsreferendums. Am 1. Oktober will Puigdemont
       die Urnen – ungeachtet aller Urteile des spanischen Verfassungsgerichtes –
       aufstellen, mit oder ohne Genehmigung aus Madrid.
       
       „Wollen Sie, dass Katalonien ein unabhängiger Staat in Form einer Republik
       ist?“, wird die Frage auf dem Stimmzettel lauten. Gewinnt das Ja, werde
       Katalonien, so soll es im Gesetz verankert werden, binnen 48 Stunden die
       Unabhängigkeit erklären. Sollte das Nein gewinnen, werden automatisch
       Neuwahlen für das Autonomieparlament ausgerufen. „Auch wenn das Nein
       gewinnt, wird nichts mehr sein, wie es war“, versichert Puigdemont.
       
       „Das wird eine Volksabstimmung mit Wahllokalen, Urnen und Stimmzetteln“,
       erklärt Puigdemonts Stellvertreter Oriol Junqueras. Wählen darf, wer älter
       als 18 ist und in Katalonien wohnt oder vor seinem Umzug ins Ausland in
       Katalonien lebte. Von den 220.000 Auslandskatalanen haben sich bisher nur
       5.000 registrieren lassen.
       
       Als Wahllokale sollen wie üblich im Lande die Schulen dienen. Wo dies auf
       Widerstand stößt, weil die Gemeindeverwaltung nicht hinter dem Referendum
       stehe, werde die Autonomieregierung Alternativen zur Verfügung stellen. Das
       Ganze hat ein entscheidendes Problem. Die katalanische Regierung verfügt
       bisher über keine Wahlurnen. Eine öffentliche Ausschreibung endete ohne
       ernsthafte Angebote. Alle solventen Unternehmen, die Urnen herstellen,
       waren, so die katalanische Presse, von der Guardia Civil unter Druck
       gesetzt worden, keine Angebot einzureichen.
       
       ## Rajoy spricht von „autoritären Wahnvorstellungen“
       
       Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy bezeichnet gestern vor
       der spanischen Handelskammer den Plan der Katalanen als „autoritäre
       Wahnvorstellungen“ und versicherte, dass die Verfechter der Unabhängigkeit
       Kataloniens „die Gelassenheit und das Gleichgewicht unseres demokratischen
       Staates niemals bezwingen können“.
       
       Sollten die Katalanen dennoch weitermachen, könnte der Artikel 155 der
       spanischen Verfassung zur Anwendung kommen. Er sieht vor, dass eine
       „autonome Region, die der Verfassung oder anderen Gesetzen nicht Folge
       leistet“, von Madrid angewiesen werden kann. Madrid könnte dann die
       Autonomie außer Kraft setzen und direkt die Kontrolle über die Kommunen in
       Katalonien übernehmen.
       
       Im Ernstfall würde die Verfassung selbst den Einsatz von zentralstaatlicher
       Polizei und Armee erlauben. Verteidigungsministerin Dolores de Cospedal
       droht ganz offen: „Die Armee und die Guardia Civil sind dort, wo es die
       Werte der Demokratie und der Verfassung, aber auch die Einheit und
       Souveränität Spaniens zu schützen gilt.“
       
       5 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
   DIR Katalonien
   DIR Autonomie
   DIR Unabhängigkeit
   DIR Barcelona
   DIR Volksabstimmung
   DIR Spanien
   DIR Autonomie
   DIR Katalonien
   DIR Spanien
   DIR Spanien
   DIR Kirche
   DIR Spanien
   DIR Stierkampf
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kommentar Kataloniens Unabhängigkeit: Dieses Projekt gefährdet die EU
       
       Das katalanische Parlament will am 1. Oktober wieder über die
       Unabhängigkeit abstimmen lassen. Ein Erfolg könnte andere
       Sezessionskonflikte aufleben lassen.
       
   DIR Referendum in Katalonien: Regierung bereitet Abspaltung vor
       
       Die katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter legen ein Übergangsgesetz vor.
       Das soll Rechtssicherheit geben und für das Referendum mobilisieren.
       
   DIR Nach den Anschlägen in Katalonien: Keine Pfiffe gegen Felipe
       
       Viele Katalanen wünschen sich die Unabhängigkeit von Spanien. Haben die
       Anschläge einen Einfluss auf das Referendum?
       
   DIR Terroranschlag in Barcelona: Transporter fährt in Menschenmenge
       
       Ein Lieferwagen tötet in Barcelona 13 Menschen und verletzt 80. Die Polizei
       meldet zwei Festnahmen. Der IS reklamiert die Tat für sich.
       
   DIR Junge Arbeitslose in Spanien: „Die Gelder werden schlecht genutzt“
       
       Eines der drängendsten Probleme des Landes ist die hohe
       Jugendarbeitslosigkeit. Wie die EU Milliarden ausgibt, um Jobs für junge
       Leute zu schaffen.
       
   DIR Staatsgeld für Kirche in Spanien: Illegale Klerusfinanzierung
       
       Die Kirche hat in Spanien zahlreiche Privilegien. Doch staatliche Zuschüsse
       oder Steuerbefreiungen können illegale Beihilfe sein.
       
   DIR Kampf um Unabhängigkeit in Katalonien: Neues Kapitel in der Politfarce
       
       Hohe katalanische Expolitiker stehen vor Gericht. Sie hatten ein Referendum
       über die Unabhängigkeit der Region durchgeführt.
       
   DIR Stierkampf in Katalonien: Gericht kippt Verbot
       
       Spaniens Verfassungsgericht hat das seit Jahren geltende Stierkampfverbot
       in Katalonien wieder aufgehoben. Denn der Kampf gehöre zum kulturellen
       Erbe.