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       # taz.de -- Vorwahlen in den USA: Warnung für Biden, Sieg für Trump
       
       > Joe Biden und Donald Trump haben die Vorwahlen ihrer Parteien in Michigan
       > erwartungsgemäß klar gewonnen. Doch ihre Siege sind nicht ungetrübt.
       
   IMG Bild: In Michigan erzielten Protestwähler der Demokraten, die gegen Bidens Nahostpolitik sind, mit ihrer Kampagne einen Achtungserfolg
       
       Lansing/Washington dpa | US-Präsident Joe Biden hat bei der Vorwahl der
       Demokraten im Bundesstaat Michigan zwar wie erwartet einen klaren Sieg
       eingefahren – das Ergebnis dürfte ihm aber dennoch Sorgen bereiten. Der
       faktisch konkurrenzlose Amtsinhaber gewann die Abstimmung am Dienstag
       Prognosen zufolge mit rund 80 Prozent der Stimmen, zehntausende Wählerinnen
       und Wählern votierten bei der Vorwahl für die Präsidentschaftskandidatur
       aber für „unentschieden“. Das dürfte in großen Teilen als Protest gegen
       Bidens Unterstützung für Israel im Gaza-Krieg zu werten sein, zumal in
       Michigan verhältnismäßig viele Muslime leben.
       
       Auch der frühere US-Präsident Donald Trump siegte bei der Vorwahl der
       Republikaner klar gegen seine Konkurrentin Nikki Haley und holte Prognosen
       zufolge rund 67 Prozent der Stimmen, wobei die Auszählung noch nicht
       abgeschlossen war. Doch trotz der fast 40 Prozentpunkte Vorsprung kann der
       77-Jährige sich nicht zurücklehnen.
       
       Ein Duell zwischen Trump und Biden bei der Präsidentenwahl am 5. November
       gilt als sehr wahrscheinlich. Trump liegt in parteiinternen Umfragen bei
       den Republikanern weit vor Haley und hat bereits bei Vorwahlen in Iowa, New
       Hampshire und South Carolina klar gegen die ehemalige US-Botschafterin bei
       den Vereinten Nationen gewonnen, die einst Trumps Außenpolitik auf
       internationaler Bühne zu vertreten hatte.
       
       Bei den Demokraten hat Biden keine ernst zu nehmende Konkurrenz. Die
       Republikaner küren ihren Kandidaten auf einem Parteitag Mitte Juli, die
       Demokraten Mitte August.
       
       ## Große muslimische Gemeinde in Michigan
       
       Michigan liegt im Norden der USA und zählt rund 10 Millionen Einwohnerinnen
       und Einwohner. Der industriell geprägte Bundesstaat gilt als sogenannter
       Swing State, der weder Demokraten noch Republikanern fest zugerechnet
       werden kann.
       
       Viele Bewohner Michigans arbeiten für Autokonzerne oder deren Zulieferer,
       Gewerkschaften haben eine große Bedeutung. Die einflussreiche Gewerkschaft
       der Automobilarbeiter (UAW) unterstützt Amtsinhaber Biden. Doch bei der
       Vorwahl lag das Augenmerk auf einem außenpolitischen Thema.
       
       Die Abstimmung in Michigan galt als Stimmungstest dafür, wie sich
       [1][Bidens Politik im Nahen Osten] auf die Wahlen im November auswirken
       könnte, denn Muslime sind in dem Bundesstaat eine bedeutende Wählergruppe.
       Nach Angaben der Interessengruppe Emgage leben dort etwa 200.000
       muslimische Wählerinnen und Wähler. Sie könnten im November einen
       merklichen Einfluss auf das Wahlergebnis haben. Bei der Präsidentenwahl
       2020 hatte Biden in dem Bundesstaat mit rund 155.000 Stimmen Vorsprung vor
       Trump gewonnen.
       
       Für Biden war der Sieg bei der jetzigen Vorwahl in Michigan zwar Formsache.
       Doch er dürfte vor allem auf die Zahl derer schauen, die „unentschieden“
       gewählt haben. Bei den letzten drei Vorwahlen der Demokraten in Michigan
       stimmten jeweils rund 20.000 Demokraten „unentschieden“. Am Dienstagabend
       lag die Zahl bei erst 41 Prozent der ausgezählten Stimmen bereits bei rund
       50.000.
       
       ## Biden wegen Unterstützung für Israel in der Kritik
       
       Vor der Wahl hatten mehrere Gruppen aus Protest gegen Bidens Politik im
       Nahen Osten dazu aufgerufen, mit „unentschieden“ zu stimmen. Sie fordern
       einen sofortigen Waffenstillstand im Gaza-Krieg und ein Ende der
       US-Militärhilfe für Israel.
       
       Doch nicht nur Muslime dürften Biden in Michigan ihre Stimme verwehrt
       haben. Auch jüngere, progressive Demokraten kritisieren den Präsidenten
       angesichts der vielen zivilen Opfer im Gazastreifen.
       
       Biden verschärfte zwar in den Wochen nach dem beispiellosen Massaker am 7.
       Oktober, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen im
       Süden Israels verübt hatten, seine Tonart gegenüber der israelischen
       Regierung. Die US-Regierung betont aber gleichzeitig immer wieder Israels
       Recht auf Selbstverteidigung und lässt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu
       nach Empfinden vieler weiterhin gewähren.
       
       Eigentlich sind Muslime als Wählergruppe in den USA tendenziell eher den
       Demokraten als den Republikanern zugewandt. Auch gilt es als
       unwahrscheinlich, dass Muslime, die wütend über Bidens Unterstützung für
       Israel sind, bei der Präsidentenwahl zu den Republikanern abwandern.
       
       ## Haley will nicht aufgeben
       
       Für Biden könnte es in einem wichtigen Swing State wie Michigan jedoch auch
       dann eng werden, sollten viele Wählerinnen und Wähler für einen
       unabhängigen Drittkandidaten stimmen oder sich dazu entscheiden, gar nicht
       zu wählen. In einer ersten Mitteilung seines Wahlkampfteams nach
       Veröffentlichung der Prognosen zum Wahlausgang ging der 81-Jährige weder
       auf das Thema Gaza-Krieg noch auf den hohen Anteil der Unentschiedenen ein.
       
       Wie Biden konnte auch Trump mit einem klaren Sieg bei den Vorwahlen seiner
       Partei in Michigan rechnen. Doch Haley holte nach Auszählung von rund der
       Hälfte der Stimmen immerhin gut 27 Prozent, während der Rest für
       unentschieden stimmte oder sich auf aussichtslose Kandidaten verteilte.
       
       Die Frage wird sein, wie viele dieser Haley-Anhänger bei der
       Präsidentenwahl im November am Ende für Trump stimmen werden, falls er
       antreten sollte. Einige von ihnen schließen nicht aus, sogar Biden zu
       wählen, um eine zweite Amtszeit Trumps zu verhindern. Dies dürfte zwar
       nicht für die Mehrheit der Haley-Unterstützer gelten. Aber sollte diese
       Gruppe nicht zur Wahl gehen oder einen dritten, unabhängigen Kandidaten
       unterstützen, könnte das zum Problem für Trump werden.
       
       ## „Super Tuesday“ am 5. März
       
       Nun liegt ein besonderes Augenmerk auf dem 5. März, dem sogenannten Super
       Tuesday. An diesem Tag finden in 15 Bundesstaaten gleichzeitig Vorwahlen
       der Republikaner statt. Haley hatte am Dienstagabend in einem Interview mit
       dem Sender CNN deutlich gemacht, mindestens bis zum Super Tuesday im Rennen
       bleiben zu wollen.
       
       Trump hat sich in der Vergangenheit darüber echauffiert, dass die ehemalige
       Gouverneurin von South Carolina trotz mangelnder Erfolgsaussichten nicht
       aus dem parteiinternen Rennen aussteigen wollte. Denn solange die
       52-Jährige nicht aufgibt, kann er sich nicht ausschließlich auf seinen
       politischen Gegner Biden konzentrieren. Stattdessen muss Trump weiterhin
       Geld und Zeit aufwenden, um Wahlkampf gegen Haley zu machen.
       
       28 Feb 2024
       
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