URI: 
       # taz.de -- Votum des EU-Parlaments: Gegen den Willen der Männerköpfe
       
       > Die Umsetzung der Istanbul-Konvention schreitet voran – gut so.
       > Allerdings ist in Deutschland ein wirksamer Schutz von Frauen oft noch
       > blanke Theorie.
       
   IMG Bild: Erfolg für die Gleichstellung in Europa: Die Istanbul-Konvention soll ratifiziert werden
       
       Es ist ein Erfolg für die Gleichstellung in Europa: Das Europäische
       Parlament hat dafür gestimmt, dass die Istanbul-Konvention EU-weit gelten
       soll. Das Übereinkommen von 2011 soll häusliche Gewalt verhindern und
       bekämpfen. Mit dieser neuen Entscheidung kann es durch den EU-Ministerrat
       ratifiziert werden, auch wenn einige Mitgliedsstaaten es ablehnen. Dazu
       gehören [1][Lettland], Ungarn und Polen. Es ist ein wichtiges Signal, dass
       die Istanbul-Konvention auch gegen den Willen der führenden (Männer-)Köpfe
       ratifiziert werden kann.
       
       Dass der Beitritt nun auch von Ampel-Politiker_innen gefeiert wird, sollte
       allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Istanbul-Konvention auch
       in Deutschland, wo sie [2][erst seit drei Monaten uneingeschränkt gilt],
       noch längst nicht vollständig umgesetzt ist.
       
       Eine Expert_innen-Gruppe des Europarats zur Bekämpfung von Gewalt gegen
       Frauen und häuslicher Gewalt (Grevio) [3][stellte 2022 in einem ersten
       Bericht fest], dass es Entwicklungen im deutschen Strafrecht gebe, die
       begrüßenswert seien – stellte allerdings zugleich Defizite fest: Es mangele
       nicht nur an Unterstützung von Frauen mit Fluchterfahrung, sondern es
       fehlten auch eine staatliche Koordinierungsstelle sowie angemessene
       finanzielle Ressourcen.
       
       Dass es noch keine staatliche Koordinierungsstelle gibt, ist fatal. Im
       Februar wurde im Familienministerium ein Aufbaustab zur Einrichtung einer
       Koordinierungsstelle geschaffen, der eine Gesamtstrategie erarbeiten soll.
       Dieser Schritt war überfällig. Ein bundesweiter Aktionsplan und eine
       zentrale Koordinierungsstelle sind unabdingbar, aber auch Länder und
       Kommunen müssen mitziehen: Die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen
       bemängelte die geplanten Maßnahmen zur Bekämpfung häuslicher Gewalt des
       neuen Berliner Senats als unzureichend.
       
       ## Es braucht mehr als Geld
       
       Aber auch Unternehmen und die Gesellschaft an sich sollten patriarchale
       Gewalt endlich als das begreifen, was es ist: eine
       Menschenrechtsverletzung, die uns alle angeht. Denn natürlich braucht es
       mehr Geld für Beratungsstellen, mehr Frauenhausplätze und Maßnahmen gegen
       digitale Gewalt. Was es aber vor allem braucht, ist: Prävention,
       Prävention, Prävention. Noch besser, als zu wissen, [4][wohin ich mich nach
       einer Vergewaltigung wenden kann], ist, gar nicht erst vergewaltigt zu
       werden.
       
       Hier ein paar Ideen, alle nicht neu: Anti-Gewalt-Trainings für Männer
       sollten ausgebaut werden. Es sollte sichergestellt werden, dass
       Geflüchtete, die vor patriarchaler Gewalt fliehen, nicht abgeschoben
       werden. Das Ehegattensplitting sollte abgeschafft werden, das zur Folge
       hat, dass Hetero-Mütter meist weniger arbeiten und sich in finanzielle
       Abhängigkeit begeben – ein Nährboden für häusliche Gewalt.
       
       12 May 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.sueddeutsche.de/politik/lettland-femizid-ex-mann-1.5844626
   DIR [2] /Fuenf-Jahre-Istanbul-Konvention/!5912016
   DIR [3] /Bekaempfung-von-Gewalt-gegen-Frauen/!5886457
   DIR [4] https://www.frauenaerzte-im-netz.de/frauengesundheit/gewalt-gegen-frauen/was-kann-ich-nach-einer-vergewaltigung-tun/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nicole Opitz
       
       ## TAGS
       
   DIR Istanbul-Konvention
   DIR häusliche Gewalt
   DIR häusliche Gewalt
   DIR häusliche Gewalt
   DIR Schwerpunkt Armut
   DIR Schwerpunkt Femizide
   DIR Gleichstellung
   DIR häusliche Gewalt
   DIR Gewalt gegen Frauen
   DIR Schwerpunkt Femizide
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Häusliche Gewalt und Kindeswohl: Gefahr für Kinder
       
       Was nutzen Gewaltschutzmaßnahmen, wenn Gerichte verlangen, dass Kinder
       regelmäßigen Umgang mit prügelnden Elternteilen haben müssen?
       
   DIR Zunehmende Gewalt in Partnerschaften: Nach der Tat ist es zu spät
       
       Klar braucht es mehr Frauenhäuser und Antigewalttrainings. Vor allem
       braucht es ein gesellschaftliches Umdenken über die Bedeutung von
       Männlichkeit.
       
   DIR Abschaffung der Witwenrente: Charmant in die Altersarmut
       
       Für viele ist die Hinterbliebenenrente eine Aufstockung für den
       Lebensunterhalt. Eine Kürzung würde nur eins bedeuten: verschärfte
       Altersarmut.
       
   DIR Gedenken an Femizid: „Wir werden jedes Mal laut“
       
       Das Solidaritätsnetzwerk Berlin ruft zum kämpferischen Gedenken an einen
       Femizid in Lichtenberg auf. Schon 55 Femizide in Deutschland in diesem
       Jahr.
       
   DIR Geschlechtergleichstellungsindex: Deutschland rückt vor auf Platz 6
       
       Vor Nicaragua, hinter Schweden: Deutschland kommt bei der Gleichstellung
       voran. Weltweit klafft weiterhin eine große Lücke zwischen Frauen und
       Männern.
       
   DIR Häusliche Gewalt in Deutschland: Um Jahre zurückgeworfen
       
       Der Anstieg von häuslicher Gewalt zeigt, dass die Pandemie uns als
       Gesellschaft zurückgeworfen hat. Es braucht mehr Plätze in Frauenhäusern
       und Geld.
       
   DIR Gleichstellungspläne von Schwarz-Rot: „Kuchen mit Schwarz-Rot nicht größer“
       
       Bahar Haghanipour, frauenpolitische Sprecherin der Grünen, kritisiert Pläne
       der Großen Koalition zum Thema Gleichstellung als reine Absichtserklärung.
       
   DIR Femizide in Österreich: Wenn Gewalt verborgen bleibt
       
       Vor ein paar Jahren wusste in Österreich kaum jemand, was ein Femizid ist.
       Aktivist:innen sorgen dafür, dass das Thema in die Öffentlichkeit
       kommt.