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       # taz.de -- WM-Quali Deutschland – Irland: Trap auf dem Tiefpunkt
       
       > Noch nie waren die Iren schlechter. Giovanni Trapattoni hat aus den einst
       > so stolzen Kickern von der Insel eine Rumpeltruppe gemacht.
       
   IMG Bild: Nach dem 1:6 von Dublin gegen die DFB-Auswahl werden Rufe nach Trapattonis Rauswurf laut.
       
       DUBLIN taz | Zum Singen war den Iren am Freitagabend in Dublin nicht
       zumute. Die meisten Zuschauer waren beim Schlusspfiff des
       Qualifikationsspiels zur Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien längst
       zu Hause, obwohl sie 100 Euro für die Eintrittskarte hingeblättert hatten –
       mit Zuschlag für ein Spitzenspiel. Das war es nicht, zumindest nicht von
       den Iren. Das 1:6 war die höchste Heimniederlage in der Geschichte, so
       schlecht hat man die Iren noch nie spielen sehen.
       
       Sicher, es fehlten vier, fünf Stammspieler, aber die Art, wie die
       Mannschaft nach den beiden Toren von Marco Reus zerfiel, war beängstigend.
       Mit diesen Toren vertrieb Reus seine schlechte Laune wegen eines nicht
       gegebenen Elfmeters kurz zuvor. „Die Szene in der ersten Halbzeit, das war
       ein Elfmeter“, sagte er nach dem Spiel. „Da gibt es keine zwei Meinungen.“
       Doch. Es war eine Schwalbe, und dafür sah er zu Recht die gelbe Karte.
       
       Irlands italienischer Trainer Giovanni Trapattoni reagierte nach dem Spiel
       trotzig. Er verwies auf seine vergangenen Erfolge und erinnerte daran, in
       welch desolatem Zustand er die Mannschaft 2008 übernommen hat. Genau so
       wird er sie wohl hinterlassen, denn er steht kurz vor dem Hinauswurf.
       
       Man kommt beim irischen Verband langsam zu der Erkenntnis, dass der
       74-Jährige nicht der richtige Mann für den Aufbau eines neuen Teams sei.
       Bei der Europameisterschaft im Sommer stellten die Iren nach Russland die
       zweitälteste Mannschaft, viele Spieler sind seitdem zurückgetreten. Die
       Männer, die am Freitag auf dem Rasen standen, waren im Durchschnitt fünf
       Jahre jünger, aber noch immer fast ein Jahr älter als ihre Gegner.
       
       ## „Nein, aber ich brauche das Geld. Sie auch?“
       
       Er sei stolz auf seine Jungs, sagte Trapattoni, weil sie gekämpft haben.
       Aber sie haben keine fußballerische Klasse, und er müsse nun mal mit den
       Leuten spielen, die ihm zur Verfügung stehen. Dann fragte er die
       Journalisten etwas ratlos: „Oder kennt ihr noch andere Spieler?“ Genau das
       ist das Problem: Trapattoni kennt seine Spieler nicht, sonst wäre er nie
       auf die Idee gekommen, Keith Fahey als Manndecker für Mesut Özil
       aufzustellen. So etwas kann der nicht.
       
       Trapattoni aber wohnt in Mailand. Er geht nie zu den Spielen in England, wo
       seine Leute kicken, weil er den englischen Fußball hasst. Warum er denn
       überhaupt noch Irlands Trainer sei, wenn seine Spieler nichts taugten,
       wollte ein Journalist wissen. Trapattoni fragte wütend zurück, ob der
       Schreiber etwa bei der besten Zeitung arbeite? Der antwortete: „Nein, aber
       ich brauche das Geld. Sie auch?“
       
       Am Freitag hätte man sich eine Fifa-Regel gewünscht, wonach beide
       Mannschaften sich einigen dürfen, ein Spiel frühzeitig zu beenden. Nach dem
       0:5 wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, denn danach fiel zwar auf jeder Seite
       noch ein Tor, aber beim deutschen Team machte sich offenbar Mitleid breit.
       
       Man schob sich den Ball in der letzten halben Stunde nur noch zu, während
       die irischen Spieler in der Rolle des interessierten Beobachters verharrten
       – im Gegensatz zum Publikum, das restlos bedient aus dem Stadion strömte.
       Die Leute verpassten die Wahl zum „Mann des Spiels“. Die irischen
       Journalisten hatten den Mittelstürmer Jonathan Walters dazu erkoren.
       
       ## Höhnisches Gelächter
       
       Das irische Publikum quittierte es mit höhnischem Gelächter, die deutschen
       Schlachtenbummler – rund 5.000 waren nach Dublin gekommen – vernahmen es
       fassungslos, bis man ihnen erklärte, dass bei dieser Auszeichnung nur
       irische Spieler zur Wahl stehen. Walters war die Sache ziemlich peinlich.
       „Wir haben uns selbst bloßgestellt, wir haben den Trainer bloßgestellt, und
       wir haben das Land bloßgestellt“, sagte der Angreifer. „Wir können uns nur
       entschuldigen.“
       
       Eine Standortbestimmung für die deutsche Mannschaft ist nach diesem Spiel
       nicht möglich. Die Iren hätten am Freitag auch gegen Rot-Weiß Erfurt
       verloren. Das deutsche Team musste sich nicht sonderlich anstrengen. Gegen
       Schweden, das sich am Freitag beim 2:1-Sieg auf den Färöer Inseln zwar sehr
       schwer tat, wird es am Dienstag im Berliner Olympiastadion nicht so einfach
       sein, Tore zu schießen.
       
       „Schweden ist in der Lage, guten Kombinationsfußball zu spielen und nicht
       nur wie die Iren lange Bälle zu schlagen“, sagte Löw. Zu den internen
       Querelen im Vorfeld des Spiels meinte er: „Wir wollen gute Leistungen
       zeigen und uns nicht ablenken lassen von dem, was von außen herangetragen
       wird.“
       
       Ein Sieg gegen Schweden wäre ein guter Abschluss des Jahres, sagte er. Für
       Trapattoni könnte am Dienstag das Fußballjahr weniger gut enden, wenn auf
       den Färöern kein Sieg gelingt. Aber er hat ja immer noch seinen Nebenjob
       als Trainer der Vatikanstadt.
       
       14 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
   DIR Fußball-WM 2014
       
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