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       # taz.de -- WM-Spiel USA gegen Thailand: Das große Schlachten
       
       > Mit 13:0 spielen die US-Frauen Thailand in Grund und Boden. WM-Rekord!
       > Das hätten sie mal lieber bleiben lassen.
       
   IMG Bild: Gut drauf: Alex Morgan (l.) freut sich mit Megan Rapinoe über das Torfestival
       
       Dürfen die das? Klar, darf man ein WM-Spiel mit 13:0 gewinnen. Die
       Fifa-Regeln verbieten das nicht. Gnadenlos hat Team USA am Dienstagabend
       die bedauernswerten Thailänderinnen aus dem Stadion von Reims geschossen.
       Aber muss das sein? Ist das noch Fair Play? Nun ja. Für US-Trainerin Jill
       Ellis ist der Fall klar. „Gegner respektvoll zu behandeln, bedeutet, mit
       aller Härte gegen sie zu spielen“, sagte sie nach dem Spiel. Sie mag recht
       haben und wird wissen, dass noch lange über dieses Spiel gesprochen wird.
       Normal war das nicht, was da passiert ist.
       
       Es schien alles gerichtet für einen großen Abend in Reims. Tausende
       WM-Touristen aus den USA sorgten für Stimmung in dem mit über 18.000
       Zuschauern gut besetzten Stadion. Und am Ende herrschte Ratlosigkeit. Es
       war ein Spiel der Rekorde. Alex Morgan schoss fünf Tore, mehr hat noch
       keine Spielerin in einem WM-Spiel geschossen. Sowieso war es der höchste
       Sieg bei einer WM überhaupt. Klar, dass sich die Amis gefreut haben. Aber
       muss man nach dem 11:0 genauso ekstatisch feiern wie nach einem 1:0 in
       einem WM-Finale? Muss man beim Stand von 7:0 wirklich noch zwei
       Stürmerinnen einwechseln, um eine Viererangriffsreihe aufbieten zu können?
       Es war kaum zu ertragen, den Thailänderinnen beim Geschlachtetwerden
       zuzusehen.
       
       Die müssen jetzt zusehen, wie darüber diskutiert wird, ob sie überhaupt
       etwas bei dieser WM verloren haben. Die Frage, ob es 24 Teams gibt, die
       einer WM würdig sind, steht im Raum. Die Plätze bei einer WM werden nach
       einem Kontinentalschlüssel vergeben. Fünf Plätze sind für Teams aus dem
       Bereich des Asiatischen Fußballverbands vorgesehen. Qualifiziert hat sich
       Thailand, weil das Team bei den Asienmeisterschaften ins Halbfinale
       vorgestoßen ist. Davor haben die Thailänderinnen die Teams aus Taiwan,
       Palästina, Jordanien und den Philippinen besiegt. Fußballentwicklungsländer
       allesamt. Genauso wie Thailand.
       
       Entwicklung. Es ist eines der am häufigsten verwendeten Wörter, wenn es um
       die weltweite Etablierung von Fußball als Frauensport geht. Oft werden dann
       Bilder von Fußballplätzen gezeigt, die so staubig, so löchrig sind, dass
       ein ordentlicher, mitteleuropäischer SUV-Fahrer sein Auto nicht würde
       parken wollen.
       
       ## Kluft in der Entwicklung
       
       Grausame Geschichten von Diskriminierung werden erzählt, es geht um
       korrupte Verbandsbosse, die das Geld, das sie auch von der Fifa zur
       Entwicklung des Frauenfußballs bekommen, den Männern oder gar sich selbst
       zuschanzen. Es geht dann auch um das Auseinanderdriften der Fußballwelten.
       Während in Europa und den USA immer professionellere Strukturen aufgebaut
       werden, ist es in anderen Teilen der Welt immer noch ein Erfolg, wenn
       Frauen überhaupt kicken dürfen.
       
       Auch diese Diskussion hat mit dem 13:0 der Amerikanerinnen die WM erreicht.
       Auch dieses Großturnier dient nicht nur dem Kräftemessen der besten
       Fußballnationen. Es ist eben auch ein Instrument der Entwicklungshilfe für
       den Frauenfußball. Thailand ist zum zweiten Mal für eine WM qualifiziert.
       Dort kann jedes Mädchen wissen, dass es möglich ist, zur WM zu fahren. So
       gesehen wäre es sogar angebracht, das Teilnehmerfeld von 24 auf 32 zu
       erweitern. Das würde noch mehr Frauen in Fußballentwicklungsländern diese
       Perspektive eröffnen.
       
       Ein lehrreicher Abend war es auch für Thailands Stürmerin Miranda Nild,
       eine Profispielerin aus der US-Liga übrigens. Die stand nach dem Spiel
       weinend auf dem Feld. Sie sei überwältigt, sagte sie. Sie weine nicht, weil
       sie die Niederlage so getroffen habe. „Schon vorm Anpfiff war das alles
       unglaublich. Und jetzt nach dem Abpfiff die Hände der US-Spielerinnen zu
       schütteln, das ist so wunderbar. Ich versuche, das alles so positiv zu
       sehen, wie es geht.“
       
       Das wird gewiss nicht leicht, was auch an der Lust der Amis liegt, die
       überforderten Gegnerinnen mit aller Stürmerinnenmacht in Grund und Boden zu
       spielen. Das hätte es nicht gebraucht.
       
       12 Jun 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
       ## TAGS
       
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