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       # taz.de -- Wahl zum Verfassungsrat in Chile: Konservative bringen wenig Hoffnung
       
       > Bei der Abstimmung über den Verfassungsrat haben die Linken von Boric
       > eine klare Niederlage erlitten. Der Rat soll über die Verfassungsreform
       > beraten.
       
   IMG Bild: Chiles Präsident Gabriel Boric bei der Stimmabgabe am 7. April in Punta Arenas
       
       Santiago de Chile/Berlin dpa/epd | Die Chilenen haben einen Rat zur
       Ausarbeitung einer neuen Verfassung gewählt. Rund 15 Millionen Wählerinnen
       und Wähler waren am Sonntag dazu aufgerufen, über 50 Mitglieder des
       Verfassungsrats abzustimmen. Eine Expertenkommission arbeitet bereits seit
       März an einem Entwurf für ein neues Grundgesetz, ab Juni soll dann der
       Verfassungsrat über den Text beraten.
       
       Bei der Abstimmung hat die Linksregierung unter dem Präsidenten Gabriel
       Boric eine deutliche Niederlage erlitten. Die ultrarechte Republikanische
       Partei kam auf rund 35,5 Prozent der Stimmen, wie die Wahlbehörde am
       Sonntagabend (Ortszeit) nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen
       laut Tageszeitung [1][La Nación ] bekanntgab. Die von dem ehemaligen
       Präsidentschaftsbewerber José Antonio Kast angeführten Republikaner wollen
       die noch aus der Pinochet-Diktatur (1973-1988) stammende Verfassung
       behalten.
       
       Auf den zweiten Platz kam die linksgerichtete von der Regierung
       unterstützte Liste Unidad Para Chile mit rund 27,4 Prozent der Stimmen. Den
       dritten Platz belegte mit rund 21,7 Prozent die Liste Chile Seguro, in der
       sich traditionelle konservative Parteien vereint hatten.
       
       „Als Land haben wir die historische Chance, uns nach den Brüchen, die wir
       erlebt haben, wieder zu versöhnen und uns auf ein entwickeltes und
       integratives Land zuzubewegen, in das wir alle passen und in dem niemand
       zurückgelassen wird“, sagte [2][der linke Präsident Gabriel Boric] nach der
       Stimmabgabe am Sonntag in Punta Arenas im äußersten Süden von Chile.
       Insgesamt hatten sich 350 Kandidatinnen und Kandidaten auf 5 Listen um die
       50 Plätze in der Versammlung beworben. Für die Verfassungsversammlung, die
       am 7. Juni ihre Arbeit aufnehmen wird, herrschte Wahlpflicht.
       
       ## Zweiter Versuch, Pinochets Verfassung zu überwinden
       
       Es ist der zweite Anlauf des südamerikanischen Landes, sich eine neue
       Verfassung zu geben. [3][Im September vergangenen Jahres hatten 62 Prozent
       der Wähler einen Verfassungsentwurf abgelehnt], den eine eigens dafür
       gewählte Versammlung mehr als ein Jahr lang ausgearbeitet hatte.
       
       Erstmals sollten zahlreiche soziale Rechte, wie das Recht auf Bildung,
       Gesundheit und sauberes Wasser in der Magna Charta garantiert werden. Den
       indigenen Völkern, die rund 13 Prozent der Bevölkerung ausmachen, wurde
       mehr Autonomie und der Schutz ihrer Kultur zugestanden. Kritiker lehnten
       den Verfassungsentwurf als wirtschaftsfeindlich und zu stark ökologisch
       geprägt ab.
       
       Die Abschaffung der Verfassung aus dem Jahre 1982 war eine [4][zentrale
       Forderung der großen Sozialproteste von 2019]. Zivilgesellschaftliche
       Organisationen sehen in der Magna Charta den Grund für die tiefe soziale
       Ungleichheit und verringerte Bildungschancen für einen Großteil der
       Bevölkerung.
       
       8 May 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.lanacion.cl/partido-republicano-sigue-liderando-con-el-3128-de-las-mesas-escrutadas/
   DIR [2] /Amtsantritt-von-Gabriel-Boric/!5838576
   DIR [3] /Gescheiterte-neue-Verfassung-in-Chile/!5879129
   DIR [4] /Proteste-in-Chile/!5642451
       
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