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       # taz.de -- Wahlen in der Türkei: Opposition setzt auf zweite Wahlrunde
       
       > In einer Stichwahl zwischen Erdoğan und Kılıçdaroğlu wird über das
       > künftige türkische Staatsoberhaupt entschieden. Stimmen werden noch
       > ausgezählt.
       
   IMG Bild: Ist nicht über 50 Prozent bekommen: Amtsinhaber Erdoğan
       
       Istanbul taz | „Erdoğan hat verloren“ titelte am Montagmorgen die
       oppositionelle Tageszeitung [1][Cumhuriyet]. Das wird Recep Tayyip Erdoğan
       selbst wahrscheinlich nicht so sehen, obwohl er tatsächlich im Vergleich
       zur letzten Präsidentenwahl deutlich weniger Stimmen bekommen hat. Dennoch,
       nach den ersten vorläufigen Ergebnissen der Präsidentschaftswahl hat zwar
       keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang gewonnen, dennoch liegt Erdoğan
       mit rund 49 Prozent rund vier Prozentpunkte vor seinem Herausforderer Kemal
       Kılıçdaroğlu, der auf 45 Prozent der Stimmen gekommen sein soll.
       
       Diese Zahlen sind immer noch vorläufig, weil nach wie vor nicht alle
       Stimmen ausgezählt sind und die Opposition beklagt, dass vor allem in ihren
       Hochburgen Auszählungen blockiert und damit auch Stimmen unterschlagen
       worden seien. Insgesamt erkannten beide Lager aber in den frühen
       Morgenstunden an, dass es im ersten Wahlgang keinen Sieger gab und die
       Türkei nun auf eine Stichwahl zwischen Erdoğan und Kılıçdaroğlu am 28. Mai
       zusteuert.
       
       Erdoğan behauptete am Montagmorgen vor seinen Anhängern, er habe einen
       Vorsprung vor Kılıçdaroğlu von rund 2 Millionen Stimmen. Nach den Zahlen
       der regierungsunabhängigen Nachrichtenagentur ANKA liegen beide Kandidaten
       dagegen wesentlich näher aneinander. [2][Kılıçdaroğlu und die anderen
       ParteiführerInnen des Oppositionsbündnissen gaben sich am Montagmorgen
       kämpferisch]. Kılıçdaroğlu sagte, es gebe in der Türkei sicher eine
       Mehrheit von über 50 Prozent für einen Wechsel zur Demokratie. „Deshalb
       werden wir in zwei Wochen ganz sicher gewinnen“.
       
       Der dritte Präsidentschaftskandidat Sinan Oğan, ein Ultranationalist,
       landete abgeschlagen mit 5 Prozent weit hinter den anderen beiden
       Kandidaten. Oğan klagte ebenfalls über massive Behinderungen seiner
       Kampagne, wollte sich am Montagmorgen aber noch nicht festlegen, ob er eine
       Wahlempfehlung für die Stichwahl in zwei Wochen abgeben will.
       
       ## Erdoğan-Lager verteidigt Mehrheit im Parlament
       
       Bei der gleichzeitigen Parlamentswahl hat das Regierungsbündnis von Erdoğan
       nach den bislang vorliegenden Zahlen seine absolute Mehrheit im Parlament
       verteidigen können. Erdoğans AKP kam demnach auf 36 Prozent, die CHP von
       Kemal Kılıçdaroğlu auf 26 Prozent.
       
       Die beiden nächstgrößeren Parteien, die rechtsradikale MHP, die mit Erdogan
       koaliert, und die moderatere rechte Iyi-Partei, die im Oppositionsbündnis
       die zweitstärkste Kraft stellt, kamen jeweils auf rund 10 Prozent. Die
       Yeşil-Sol Liste, Grüne-Linke, unter deren Label die kurdische HDP gemeinsam
       mit kleineren linken Parteien angetreten war, kam auf 9 Prozent.
       
       Erdoğans Parteienblock, zu dem noch zwei islamistische Kleinparteien
       gehören, hätte demnach seine absolute Mehrheit knapp verteidigt. Nach den
       vorläufigen Ergebnissen hat Erdoğan auch in dem Erdbebengebiet eine
       Mehrheit verteidigen können. Obwohl es in den ersten Tagen nach dem Beben
       viel Kritik an dem Versagen der Regierung gegeben hatte, konnte Erdoğan mit
       vielen finanziellen Versprechen offenbar doch eine Mehrheit davon
       überzeugen, dass es nur mit ihm gelingen kann, die Region wiederaufzubauen.
       
       Mit seiner [3][Mehrheit im Parlament wird Erdoğan] nun darauf verweisen,
       dass es bei der Stichwahl um die Präsidentschaft bei einem Sieg von
       Kılıçdaroğlu zu einem Patt zwischen Präsident und Parlament kommen würde,
       weil sich beide blockieren könnten. Die Opposition wird nun erst einmal
       abwarten, ob die abschließende Auszählung und die Einwendungen, die sie
       gegenüber dem Hohen Wahlrat geltend machen wird, das Ergebnis noch zu ihren
       Gunsten verändert. Das würde ihr mehr Schwung für die zweite Runde geben.
       
       15 May 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.cumhuriyet.com.tr/yazarlar/olaylarin-ardindaki-gercek/erdogan-kaybetti-2081492?utm_medium=Slider%20Haber&utm_source=Cumhuriyet%20Anasayfa&utm_campaign=Slider%20Haber
   DIR [2] /Vor-den-Wahlen-in-der-Tuerkei/!5934007
   DIR [3] /Vor-den-Wahlen-in-der-Tuerkei/!5934123
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Gottschlich
       
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