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       # taz.de -- Wahlkampf in Schleswig-Holstein: Wohin geht’s nach Jamaika?
       
       > Themen der Weltpolitik bestimmen den Wahlkampf in Schleswig-Holstein. 80
       > Prozent der Wahlberechtigten sind mit der Ampel-Koalition zufrieden.
       
   IMG Bild: Wichtige Themen im Wahlkampf: Energie und Verkehr, hier auf der A20
       
       Kiel taz | Wahlkampf in Zeiten des Krieges: Anfang Mai bestimmen die
       Schleswig-Holsteiner*innen ihr Landesparlament neu. 20 Parteien sind
       zugelassen, Chancen auf den Einzug ins Kieler Landeshaus haben sechs. Gut
       möglich, dass die neue Regierung aussieht wie die alte – aber klar ist
       bisher gar nichts.
       
       „Ich habe die Power, auch für die nächsten fünf Jahre Ministerpräsident zu
       sein“, sagte Daniel Günther, nachdem die CDU ihn Anfang März erneut zum
       Spitzenkandidaten machte. Seit 2017 regiert der 48-Jährige mit Grünen und
       FDP – und [1][dieses Jamaika-Bündnis funktioniert unerwartet reibungslos].
       
       Wenn die Regierungsparteien verschiedener Meinung sind, kommunizieren sie
       das offen. Abgestimmt wird getreu dem Koalitionsvertrag. Versuche der
       Opposition, Keile in das Bündnis zu treiben, ignorierten die
       Jamaikaner:innen fünf Jahre lang einigermaßen gelassen.
       
       Das gefällt der Bevölkerung offenbar: Fast 80 Prozent der Wahlberechtigten
       sind laut einer Umfrage von Infratest Dimap zufrieden mit der Regierung.
       Die CDU landet in diesem Trend mit 33 Prozent vorn, Grüne und SPD stehen
       bei je 20 Prozent, gefolgt von der FDP mit neun und der AfD mit sechs
       Prozent.
       
       Die Partei der Dänischen und Friesischen Minderheit (SSW), die von der
       Fünf-Prozent-Klausel befreit ist, würde mit rund vier Prozent in den
       Landtag einziehen. Die Linke, die zeitweise bei vier Prozent stand, hat
       nach neueren Umfragen wohl keine großen Chancen. Die AfD bleibt stabil,
       trotz des Streits in der Partei, dem Ausschluss und Austritt von
       Abgeordneten der Landtagsfraktion.
       
       ## Die SPD könnte hinter den Grünen landen
       
       Würden sich die Trends bestätigen, hätten im Vergleich zu 2017 vor allem
       die Grünen gewonnen. Die CDU, die traditionell in Schleswig-Holstein stark
       ist, baut ihren Vorsprung leicht aus. Die FDP lag in Schleswig-Holstein
       meist über dem Bundesschnitt, unter anderem wegen der Beliebtheit des
       langjährigen Fraktionschefs Wolfgang Kubicki. Der sitzt inzwischen im
       Bundestag und machte Schlagzeilen, weil er gegen Coronaregeln verstieß.
       
       In Schleswig-Holstein rutscht die Partei in den Umfragen ab. Der
       FDP-Spitzenkandidat und heutige Wirtschaftsminister Bernd Buchholz
       bezeichnete beim liberalen Landesparteitag die neun Prozent für seine
       Partei als „ausbaufähige Position“. Sein Ziel ist klar: „Wir würden gerne
       mit Daniel Günther weiterregieren.“
       
       Doch regieren wollen auch andere. Die heutige [2][Finanzministerin Monika
       Heinold (Grüne) will Ministerpräsidentin werden]. Auch Thomas Losse-Müller,
       Spitzenkandidat der SPD, setzt auf Sieg. „Mit den aktuellen Umfragen sind
       wir natürlich nicht zufrieden“, sagte er der taz. Seine Partei, die 2017
       auf 27 Prozent kam, hätte nach jetzigem Stand am stärksten verloren und
       könnte hinter den Grünen landen.
       
       [3][Losse-Müller sieht es gelassen]: Der Krieg lenke von Landesthemen ab,
       viele Wähler*innen würden sich vermutlich erst kurzfristig entscheiden,
       sagt der Neu-Sozialdemokrat, der früher den Grünen angehörte und unter dem
       SPD-Ministerpräsidenten Torsten Albig Chef der Staatskanzlei war. Die Nähe
       zwischen SPD und Grünen dürfte Daniel Günther beschäftigen. Denn auch zu
       Albigs Regierungszeit war die CDU die stärkste Kraft, es half ihr nur
       nichts gegen die Mehrheit aus SPD, Grünen und SSW.
       
       Die stärkste Partei erhalte nicht automatisch den
       Ministerpräsident*innenposten, sagte Christoph Vogt, Fraktionsvorsitzender
       der Liberalen im Landtag, dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag. Dank
       des SSW seien in Schleswig-Holstein „so viele Bündnisse denkbar wie wohl
       nirgendwo anders in der Republik“.
       
       ## Die Debatten um die Ressourcen verschärfen sich
       
       In den vergangenen Jahren bestimmte Corona die Politik. Schleswig-Holstein
       überstand die Pandemie vergleichsweise gut und lockert ab dem 20. März
       viele Einschränkungen. Unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die
       Ukraine entwickelt sich die Frage nach der Energieversorgung zum heißesten
       Thema des Wahlkampfs.
       
       Allerdings drehten sich im Wind-Export-Land Schleswig-Holstein schon länger
       viele Debatten um den Konflikt zwischen fossiler und erneuerbarer Energie,
       und inzwischen wetteifern CDU, SPD, Grüne und FDP darum, wer am meisten und
       schnellsten Windkraft ausbauen will.
       
       Doch weil auch in Schleswig-Holstein der Boden knapp wird, verschärfen sich
       die Debatten um die Ressourcen: Wohngebiete oder Felder, Wälder oder Moore?
       Sollen Einfamilienhäuser auf dem Land oder Wohnungen in der Stadt
       entstehen? Wie sieht der Verkehr der Zukunft aus?
       
       Der Ukraine-Krieg befeuert einen innerparteilichen [4][Zwist der Grünen um
       ein Terminal für Flüssiggas in Brunsbüttel]: Der grüne
       Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat sich darüber mit dem
       CDU-Ministerpräsidenten Günther verständigt, die grüne Parteibasis stimmte
       gegen das Terminal, und Monika Heinold sucht nach Kompromissen zwischen
       beiden Positionen.
       
       16 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
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   DIR Esther Geißlinger
       
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