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       # taz.de -- Wahlprogramm der Union: Hochstapelei und Wohlfühlprosa
       
       > Die Union will Steuern für Reiche senken und irgendwie Klimaschutz
       > forcieren. Das ist nicht nur intellektuell eine Zumutung.
       
   IMG Bild: Klausur der Spitzen von CDU und CSU zur Verabschiedung des Wahlprogramms
       
       War da was? Ein rüder Machtkampf an der Grenze zur Selbstzerstörung
       zwischen CDU und CSU? Die Union hat den Streit in der Formel „diese zehn
       Tage“ entsorgt. [1][Zwischen Markus Söder und Armin Laschet] scheint kein
       Löschblatt zu passen.
       
       Es köchelt unter der glattpolierten Oberfläche aber noch. Söder kann es
       sich nicht verkneifen zu zeigen, dass er alles besser weiß als Laschet –
       selbst wenn es nur um die Höhe des aktuellen Benzinpreises geht. Aber das
       fällt eher in das Metier Unterhaltung. Der Grundreflex funktioniert bei der
       Union wieder: alles für den Wahlsieg. Die Machtmaschine Union läuft wieder
       störungsfrei.
       
       Die Union hat ein laxes Verhältnis zu Programmen. Irgendwie braucht man
       sie, aber sie sollen bitte dem Regieren nicht im Weg stehen. Das
       Prinzipielle zählt wenig, das Situative viel. Das ist seit Langem das
       Erfolgsrezept der Union, Merkel hat es perfektioniert.
       
       Die Laschet-Union tickt da genauso. [2][Dieses Wahlprogramm] ist eine
       intellektuelle Zumutung. So kündigt die Union an, die Unternehmensteuer
       entschieden auf 25 Prozent zu senken und die Spitzenverdiener mit der
       Streichung des Soli um Milliarden reicher zu machen. Auch Normalverdiener
       sollen weniger zahlen. Dem Staat wird also ein hoher zweistelliger
       Milliardenbetrag fehlen. Die Schuldenbremse soll aber umgehend wieder
       gelten. Kürzungen bei den Staatsausgaben sind auch nicht vorgesehen.
       
       ## Wahlprogramm als neoliberaler Taschenspielertrick
       
       Weniger Einnahmen, gleiche Ausgaben, keine Schulden – an dieses Märchen
       würde keine schwäbische Hausfrau glauben. Die Union beteuert zwar, „nichts
       zu versprechen, was wir nicht einhalten können“. Aber das ist Hochstapelei.
       
       Dieses [3][Wahlprogramm ist ein neoliberaler Taschenspielertrick.]
       Finanziert werden soll alles auf wundersame Weise durch Wachstum, das durch
       radikalen Abbau von wuchernder Bürokratie ermöglicht wird. Auch dieses
       Bürokratiemonster stammt aus der neoliberalen Mottenkiste. Abgesehen davon:
       Wer regiert hier eigentlich seit 16 Jahren?
       
       Beim Klimaschutz sieht es ähnlich aus. Das Ziel ist zwar hochfliegend,
       Deutschland soll bis 2045 klimaneutral sein. Aber wie, das verrät die Union
       lieber nicht. Viel wolkige Wohlfühlprosa, keine einzige harte Zahl.
       
       Das mag zur derzeitigen Stimmung passen: Fast alle wissen, dass Klimaschutz
       nötig und Veränderung unausweichlich ist. Aber man möchte trotzdem lieber,
       dass es erst mal bleibt, wie es ist. Gerade nach der Pandemie. Die Union
       spekuliert auf diese Stimmung. Die Wahrheit könnte WählerInnen
       verunsichern.
       
       Die Union versucht nicht mal, ein seriöses Programm auf den Tisch zu legen.
       Es ist der Job der politischen Konkurrenz zu verhindern, dass Laschet und
       Söder mit diesem Schwindel Erfolg haben.
       
       21 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/union-wahlprogramm-121.html
   DIR [2] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/wahlprogramm-union-cdu-csu-bundestagswahl-100.html
   DIR [3] https://www.n-tv.de/wirtschaft/Okonomen-kritisieren-Spendierlaune-der-Union-article22633338.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Reinecke
       
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