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       # taz.de -- Walking Football verbreitet sich: Der inklusive Kick
       
       > Nach Schleswig-Holstein führt auch der Hamburger Fußballverband Walking
       > Football ein. Dabei können Ältere und Menschen mit Behinderung mitmachen.
       
   IMG Bild: Auf der Insel längst etabliert: Ein Spiel der walischen Walking-Football-Meisterschaft 2021
       
       Hamburg taz | Tobias Kramp hat schon eine zweite Hüfte. So wirklich Sport
       machen kann er deshalb nicht mehr. Doch Mitte August hat der 61-Jährige aus
       Eichede im Kreis Stormarn eine passende Sportart für sich entdeckt:
       [1][Walking Football.]
       
       Der noch relativ unbekannte kleine Bruder des normalen Fußballs
       funktioniert genauso, wie es klingt: man darf nicht rennen. Das ist
       besonders für ältere Menschen, aber auch für solche mit Verletzungen oder
       anderen Geheinschränkungen eine gute Gelegenheit, in Bewegung zu kommen.
       
       Der Hamburger Fußball-Verband (HFV) will deshalb den 2011 in England
       entwickelten Sport in Hamburg etablieren. Dafür soll im Januar 2022
       zunächst eine Übungsleiterschulung stattfinden. In den darauffolgenden
       Monaten will der HFV einige Demonstrationsturniere organisieren, um Leute
       für den Sport zu begeistern. Im Sommer soll im Rahmen des „Holsten-Tag des
       Fußballs“ dann eine erste Hamburger Meisterschaft ausgespielt werden.
       
       HFV-Sprecher Carsten Byernetzki sagt, jetzt sei der Zeitpunkt, um die ins
       Alter kommenden geburtenstarken Jahrgänge aufzufangen. Beim HFV steht neben
       gesundheitlichen und sozialen Aspekten der Wettbewerb im Fokus. Schon bald
       soll ein „Spielangebot über die gesamte Saison ermöglicht werden“, heißt es
       in einer Pressemitteilung.
       
       Tobias Kramp jedenfalls brauchte nicht viel, um sich für Walking Football
       zu begeistern. Er hat jahrzehntelang Fußball gespielt und war „auch im
       Alter verlockt, nochmal gegen die Kugel zu treten“. Nach einer
       Info-Veranstaltung des Schleswig-Holsteinischen Fußball-Verbands (SHFV) bei
       einem Nachbarverein versammelte Kramp ehemalige Mitspieler um sich und
       gründete in Eichede seine eigene Trainingsgruppe. Der Jüngste ist 58, der
       älteste 70. Nach zwei Trainingseinheiten meldeten sie sich beim SHFV zum
       Turnier am Schleswig-Holsteinischen „Tag des Sports“ in Malente – und
       wurden ab Anhieb Zweite.
       
       Der Verband unterstützt nun auch den südlichen Nachbarn im Bemühen, den
       Sport nach Hamburg zu holen. Ein Mitglied des Breitensportausschusses sei
       in England im Urlaub gewesen und habe Walking Football dort mit
       Begeisterung gesehen, erzählt Fabian Thiesen, der beim SHFV für die neue
       Sportart zuständig ist. Daraufhin hätten sie Ende 2018 mit einem
       Pilotprojekt angefangen. Ein Masterstudent der Uni Kiel untersuchte, welche
       gesundheitlichen Auswirkungen der Gehfußball hat. Ergebnis: Die Sportart
       ist „leicht“ gesundheitsfördernd.
       
       Thiesen betont, dass die gesundheitlichen Vorteile nicht bei der
       körperlichen Bewegung und der Schonung der Gelenke aufhören. Auch
       „psychosoziale Wirkungen“ ließen sich feststellen, sagt er: „Wir wollen
       Leute wieder in die Gesellschaft holen, die alleine sind.“ In dem Alter
       verfolgten die meisten Menschen Fußball nur noch von der Couch aus – und
       mit Gehfußball könne man sie wieder auf den Platz bringen.
       
       „Sport ist das eine“, sagt auch Kramp, „aber das Gesellige das andere.“
       Nach den Trainings esse die Mannschaft gemeinsam in der Vereinsgaststätte.
       Dieser inklusiv-soziale Ansatz ist ein Grundsatz des Walking Football. Alle
       sind willkommen. Die Eintrittsbarrieren sollen so niedrig wie möglich sein,
       auch für Menschen, die bisher nicht Fußball gespielt haben. Beim Walking
       Football sollen alle zusammen spielen: Frauen und Männer, mit und ohne
       Behinderungen.
       
       Aus diesem Grund fördert der SHFV die Gründung von
       Walking-Football-Mannschaften mit leichten finanziellen Anreizen und
       kostenlosen Schulungen. Greift der normale Fußball die Altersgruppe der
       Fünf- bis 35-Jährigen ab, biete Walking Football für alle vom Fußball nicht
       (mehr) Angesprochenen eine Möglichkeit, den Ball rollen zu lassen, betont
       Thiesen.
       
       Tobias Kramp vom SV Eichede freut sich schon auf Freundschaftsspiele gegen
       Hamburger Teams – und darauf, sich nach vielen Jahren Pause wieder mit
       anderen messen zu können: „Wenn mal die Kugel schnell läuft und du kannst
       einen tunneln, das sind so Momente, die das Glücksgefühl hochbringen.“
       
       8 Nov 2021
       
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