URI: 
       # taz.de -- Weltweiter Gedenktag für Srebrenica: Große Erleichterung in Sarajevo
       
       > Gegen den Widerstand Serbiens führt die UN-Vollversammlung einen
       > Gedenktag an das Massaker im Jahr 1995 ein. Aber viele Länder enthalten
       > sich bei der Abstimmung.
       
   IMG Bild: Das Abstimmungsergebnis: 84 dafür, 19 dagegen, 68 enthalten sich
       
       Sarajevo taz | Die Übertragung der UN-Vollversammlung war in Sarajevo
       öffentlich. Als feststand, dass der 11. Juli zu einem weltweiten Gedenktag
       für den Völkermord von Srebrenica im Jahr 1995 erklärt wird, klatschte die
       Menge vor Erleichterung.
       
       84 Mitglieder sprachen sich in New York für die Einführung des Gedenktages
       aus, der künftig jährlich begangen werden soll. 19 Länder waren dagegen, 68
       enthielten sich der Stimme. In einer ersten Stellungnahme erklärte das
       kroatische Mitglied des dreiköpfigen Staatspräsidiums Zeljko Komsic:
       „Bosnien und Herzegowina geht gestärkt aus all dem hervor, und das ist das
       Wichtigste, denn ein starkes Bosnien und Herzegowina ist der einzige Garant
       dafür, dass sich der Völkermord nicht mehr wiederholen kann.“
       
       Bei dem einzigen von internationalen und nationalen Gerichten als Genozid
       eingestuften Massaker nach dem Zweiten Weltkrieg, das als größtes
       Kriegsverbrechen nach 1945 in die europäische Geschichte einging, wurden in
       und um Srebrenica mindestens 8.000 hauptsächlich männliche und vorwiegend
       bosnische Muslime ermordet. Das Massaker war der blutige Höhepunkt des
       Bosnienkrieges, bosnisch-serbische Milizen, die militärisch von Serbien
       unterstützt wurden, waren nach Ansicht von Zeitzeugen und nach den Urteilen
       der Prozesse des UN-Tribunals gegen Kriegsverbrecher die Täter.
       
       In der von Deutschland und Ruanda vorgelegten Resolution wurde Serbien
       allerdings nicht als Schuldiger genannt. „Bei unserer Initiative geht es
       darum, das Andenken der Opfer zu ehren und die Überlebenden zu
       unterstützen, die weiterhin mit den Narben dieser schicksalhaften Zeit
       leben müssen“, sagte die deutsche UN-Botschafterin Antje Leendertse. Das
       hinderte aber Milorad Dodik, den Präsidenten des serbischen Teilstaates in
       Bosnien und Herzegowina, und den Präsidenten Serbiens Aleksandar Vucic
       nicht daran, Deutschland scharf zu kritisieren. Sie warfen Berlin vor,
       nicht über die Verbrechen des Holocaust zu sprechen, der Beschluss jetzt
       aber reiße Wunden auf und werde für Chaos auf dem Balkan sorgen.
       
       Die Resolution verurteilt „vorbehaltlos jede Leugnung des Völkermords von
       Srebrenica als historisches Ereignis“ und Handlungen, die jene
       verherrlichen, „die von internationalen Gerichten wegen Kriegsverbrechen,
       Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord verurteilt wurden“,
       kontern die Befürworter. Der Tag soll erstmals 2025 offiziell begangen
       werden. 84 von 193 UN-Mitglieder stimmten für den Text, darunter fast alle
       EU-Mitglieder, die meisten Balkan-Staaten, die Türkei und sogar Montenegro,
       aus den Amerikas die USA, Kanada, Chile und Australien, sowie der Irak und
       der Iran.
       
       Das Ergebnis blieb aber unter den Erwartungen. Bei dem Votum gab es
       immerhin 19 Gegenstimmen. Neben Serbien, China, Belarus, Nordkorea und
       Russland stimmte auch Ungarn als einziges EU-Land gegen den Text. 68 Länder
       enthielten sich, darunter die EU-Mitglieder Griechenland, Zypern, Slowakei,
       erstaunlicherweise aber auch muslimisch dominierte Länder wie die Emirate,
       Oman, Algerien, Libanon und viele afrikanische Länder, so Äthiopien und
       Uganda, dazu Argentinien, Brasilien, Mexiko und Indien.
       
       Mit diesem Votum ist es der deutschen Außenpolitik gelungen, einen
       Achtungserfolg zu erzielen. Serbien musste eine Niederlage einstecken, weiß
       aber die größten Staaten der Welt hinter sich.
       
       23 May 2024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erich Rathfelder
       
       ## TAGS
       
   DIR Srebrenica
   DIR Bosnien-Herzegowina
   DIR Bosnien und Herzegowina
   DIR Bosnienkrieg
   DIR GNS
   DIR Serbien
   DIR Vereinte Nationen
   DIR UN-Vollversammlung
   DIR Sarajevo
   DIR Srebrenica
   DIR Bosnien und Herzegowina
   DIR Srebrenica
   DIR Srebrenica
   DIR Pogrom
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Multikulturelle Kulturstätten bedroht: Ein echter Kampf
       
       1992 brannte die Bibliothek von Sarajevo. Heute bedroht der Nationalismus
       erneut die Kultur Bosniens. Doch es gibt eine leise Hoffnung.
       
   DIR Jahrestag des Srebrenica-Massakers: Gedenken an die „Hölle auf Erden“
       
       Über 8.000 Jungen und Männer wurden am 11. Juli 1995 von Serben im
       bosnischen Srebrenica abgeschlachtet. Von Aufarbeitung kann keine Rede
       sein.
       
   DIR Weltkriegsgedenken in Bosnien: Serbischer Aufmarsch
       
       Serbische Streitkräfte vereinnahmen Gedenken an Opfer einer deutschen
       Offensive im Jahr 1942. Das widerspricht dem Abkommen von Dayton.
       
   DIR UN-Abstimmung zu weltweitem Gedenktag: Streit über Opfer von Srebrenica
       
       Die UN-Vollversammlung entscheidet über einen Internationalen Gedenktag für
       die 1995 ermordeten 8.000 Bosniaken. Serbien will das verhindern.
       
   DIR Uno-Resolution zum Srebrenica-Massaker: Milorad Dodik leugnet Genozid
       
       In der Teilrepublik Srpska gibt es Proteste gegen einen
       UNO-Resolutionsentwurf zum Massaker von 1995. Präsident Dodik nennt den
       Entwurf „inakzeptabel“.
       
   DIR Juden und Muslime in Sarajevo: Noch sind die Türen offen
       
       Ungefähr 800 Juden leben in Sarajevo im Frieden mit ihren muslimischen
       Nachbarn. Das Massaker der Hamas bleibt aber nicht ohne Folgen.