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       # taz.de -- Werkstattgespräch der CDU: Reden hilft, hoffentlich
       
       > Die neue CDU-Chefin hat das Gespräch mit ihrer Partei gesucht. Das
       > Werkstattgespräch sollte deren Selbstheilungskräfte aktivieren.
       
   IMG Bild: Hatte zum Gespräch geladen: CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer
       
       Berlin taz | Reden hilft bekanntlich. Ob Paare, Potentaten oder
       Koalitionäre – es ist grundsätzlich von Vorteil, miteinander in den
       konstruktiven Dialog zu treten. Und gerade wenn der Streit abflaut, sollte
       man noch mal schauen: Was ist vorgefallen? Will man eine gemeinsame Zukunft
       haben? Wie wollen wir in der nächsten Krise verfahren?
       
       Gerade hat die neue CDU-Chefin das Gespräch mit ihrer Partei gesucht.
       Während dreieinhalb Kilometer Luftlinie entfernt die Sozialdemokraten im
       Willy-Brandt-Haus [1][selbstbewusst ihre Sozialstaatsreform verkünden],
       versucht man im Konrad-Adenauer-Haus, Selbstheilungskräfte zu aktivieren.
       Zwei Tage lang – eigentlich waren es gerade mal 24 Stunden inklusive
       Nachtschlaf – hatten Annegret Kramp-Karrenbauer und ihr ebenfalls neuer
       Generalsekretär Paul Ziemiak zum „Werkstattgespräch Migration, Sicherheit
       und Integration“ eingeladen. Eine Mischung aus Expertengesprächen und
       Arbeitsgruppen bildete den organisatorischen Rahmen.
       
       Am Montag traf man sich in vier Gruppen, um [2][über die Themen
       europäischer Außengrenzschutz, Ordnung und Steuerung von Migration, innere
       Sicherheit und Abschiebepraxis sowie über Integration] vor Ort zu
       diskutieren. Nachmittags stellte der neue Generalsekretär Paul Ziemiak die
       „sehr konkreten“ Ergebnisse vor, abgebunden wurde schließlich am Nachmittag
       die Debatte von der Chefin selbst. „Was müssen wir tun, um das, was 2015
       passiert ist, in Zukunft zu verhindern?“ hatte sie zuvor als Arbeitsmotto
       ausgegeben.
       
       Der Titel der ganzen Veranstaltung hätte ehrlicherweise „Werkstattgespräch
       zu Angela Merkels Geflüchtetenpolitik“ lauten müssen. Aber so sind sie
       nicht bei den Konservativen, ganz offen über Merkel herzuziehen. Gleichwohl
       dient die Veranstaltung durchaus der Überwindung eines Partei-Traumas. Denn
       kaum etwas hat die CDU in eine derart tiefe Krise geritten wie die innen-
       und europapolitischen Ereignisse der zurückliegenden Jahre.
       
       ## Gefährliche Anti-Merkel-Phalanx
       
       Zum einen war da die Kanzlerin, die in einem Akt der Mitmenschlichkeit und
       im Vertrauen auf ihre politische Kraft im Spätsommer 2015 die Grenze für
       Menschen in höchster Not nicht geschlossen hat. Zum anderen war da die
       schnell sichtbar werdende Struktur- und Verwaltungskrise als Folge
       fortgesetzter neoliberaler Innen- und Außenpolitik.
       
       Und zum Dritten war da diese sich fast verweigernde, nicht erklären
       wollende Haltung der Regierungschefin; eine kommunikative Blindstelle, an
       der Rechtspopulisten mühelos anzudocken verstanden. Innerhalb der CDU
       entstand eine gefährliche Anti-Merkel-Phalanx, die sich rasend schnell auf
       die CSU übertrug und zu einer tiefen Koalitionskrise führte.
       
       Mit dem „Werkstattgespräch“ versucht Annegret Kramp-Karrenbauer nun, ihre
       Partei neu zu justieren und für die Zukunft handlungsfähiger zu machen.
       Denn zurückzudrehen wäre da nichts. Zum anderen zeigt Kramp-Karrenbauer,
       dass sie Wort hält und tatsächlich auf andere, bessere Weise zu
       kommunizieren versteht als ihre Vorgängerin.
       
       Ihr ist daran gelegen, das Thema Flucht und Migration einerseits zu
       entmystifizieren, auf dass es für die CDU nicht zum gleichen Menetekel wird
       wie Hartz IV für die SPD. Zum anderen muss sie das Kunststück
       fertigbringen, sich von Merkel zu emanzipieren, ohne sie zu denunzieren.
       Die Frage ist, ob das funktionieren kann. Die 24 Stunden von Berlin stimmen
       da optimistisch.
       
       11 Feb 2019
       
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