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       # taz.de -- Werner-Schulz-Preis: Kämpferin für politische Gefangene
       
       > Die Aktivistin Ina Rumiantseva wird ausgezeichnet für ihren Einsatz für
       > die Zivilgesellschaft in Belarus, ihr Dank gilt Frauen in Straflagern.
       
   IMG Bild: Die Ostberlinerin Ina Rumiantseva setzt sich für eine demokratische Entwicklung in Belarus ein
       
       taz | Berlin Es gibt manchmal Begegnungen, die Besucher*innen mit
       zentnerschwerem Gepäck verlassen – viel Stoff zum Nachdenken, der eine*n
       nicht loslässt. In diese Kategorie fällt die Gedenkveranstaltung nebst
       erstmaliger Verleihung des Werner-Schulz-Preises, die in der Französischen
       Friedrichstadtkirche in Berlin und damit an einem nicht eben alltäglichen
       Ort am Mittwochabend über die Bühne geht.
       
       Benannt ist die Auszeichnung nach dem ehemaligen DDR-Bürgerrechtler sowie
       späteren grünen Abgeordneten im Bundestag und EU-Parlament, Werner Schulz.
       Er war am 9. November 2022 [1][völlig unerwartet verstorben] und wäre am
       22. Januar 75 Jahre alt geworden.
       
       Die Erinnerung an diesen „unbeugsamen Zeitgenossen sowie leidenschaftlichen
       Revolutionär für Demokratie und Menschenrechte“ wach zu halten, wie der
       Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, Schulz
       in seinem Grußwort charakterisiert, haben sich ehemalige
       Weggefährt*innen und Freund*innen von Schulz zur Aufgabe gemacht.
       Einige haben die Werner-Schulz-Initiative gegründet, die den gleichnamigen
       Preis ausgelobt hat.
       
       Überzeugungstäter im positiven Sinne, wie Schulz einer war, gibt es nicht
       viele. Doch es gibt sie. Zu ihnen gehört etwa [2][Ina Rumiantseva], die die
       mit 7.500 Euro dotierte Ehrung am Mittwoch entgegennahm.
       
       ## Brückenbauerin nach Osteuropa
       
       Die 49-jährige, geboren in Ostberlin und seit jungen Jahren fest in der
       Bürgerrechtsbewegung verankert, ist Aktivistin und Menschenrechtlerin. Sie
       versteht sich als Brückenbauerin nach Osteuropa, ihr besonderes Engagement
       gilt der Unterstützung der Zivilgesellschaft in Belarus und den dort aus
       [3][politischen Gründen einsitzenden Gefangenen]. Auch wöchentliche
       politische Andachten in der Berliner Gethsemanekirche, bei denen
       Rumiantseva über Belarus berichtet, sind ein Teil davon. Den Preis widmet
       sie in ihrer Dankesrede den Frauen in belarussischen Straflagern.
       
       Apropos Belarus: War beziehungsweise ist da etwas? Und ob, doch wer
       interessiert sich dafür in Zeiten von Kriegen, Krisen und Katastrophen?
       Dabei wären Interesse und Empathie gerade auch im Falle von Belarus so
       wichtig – einem Land mitten in Europa, das Russland fest im Griff hat. Am
       kommenden Sonntag wird sich der belarussische autokratische
       [4][Langzeitherrscher Alexander Lukaschenko] bei Scheinwahlen im Amt
       bestätigen lassen. Massenproteste wie 2020 dürften ausbleiben,
       Kritiker*innen sitzen in Haft oder, wider Willen, im Exil.
       
       Der Osteuropahistoriker Karl Schlögel zeichnet in seiner Laudatio im
       Schnelldurchlauf tragische Episoden der belarussischen Geschichte nach. Das
       Land sei für viele immer noch Terra incognita. Man habe noch einmal in die
       Schule gehen müssen. Klassenziel erreicht? Fraglich.
       
       Und die belarussische Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin von
       2015, Swetlana Alexijewitsch, sagt: „Belarus war ein Tschernobyl-Labor.
       Jetzt ist es Labor eines moderne Gulags. Selbst uns, die wir von dort
       kommen, fällt es schwer, das zu begreifen. Wie viel schwerer muss das für
       die Menschen hier sein?
       
       Die Veranstaltung beschließt eine Podiumsdiskussion über Deutschlands
       Verantwortung für Europas Freiheit. Die polnische Soziologie und
       Journalistin Karolina Wigura weist dabei darauf hin, dass die
       osteuropäischen Länder unterschiedlich tickten. Es gelte, aus gescheiterten
       Strategien zu lernen. Auch Belarus werde frei sein. Dann ruft sie dazu auf,
       nicht an der EU zu zweifeln.
       
       Zugegeben: Angesichts von Rechtsruck, erbitterter Verteilungskämpfe sowie
       einer schwindenden Unterstützung für die vom Krieg verheerte Ukraine fällt
       das nicht leicht. Doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
       
       23 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
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