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       # taz.de -- Wichtige „Ende Gelände“-Begriffe: So spricht die Bewegung
       
       > Von „Deli-Plenum“ bis „Strohsis“: Wer bei „Ende Gelände“ mitmachen will,
       > sollte auch deren Sprache kennen. Ein Glossar.
       
   IMG Bild: Klar soweit. Aber wer sagt das? Etwa die „Strukturleute“?
       
       Jede Bewegung hat ihre Sprache, [1][auch die von „Ende Gelände“]. Abgesehen
       von den nonverbalen Codes – Hände oben wedeln: Zustimmung, Hände unten
       wedeln: Ablehnung – gibt es Wörter, die verstanden werden sollten. Hier
       sind sieben davon:
       
       Das „Deli-Plenum“: Damit nicht alle bei allem mitquatschen, wählen
       sogenannte Bezugsgruppen ihre jeweiligen Delegierten und schicken diese ins
       große Plenum – ins Deli-Plenum. Bezugsgruppen sind Kleingruppen von Leuten,
       die einander vertrauen und etwa während einer Blockadeaktion aufeinander
       aufpassen. Im Deli-Plenum wird über geplante Protestaktionen diskutiert und
       über Strategien im Umgang mit der Polizei während einer Blockade. Gehen?
       Bleiben? Nachverhandeln? Darüber entscheidet das Deli-Plenum.
       
       Die „Schulis“: Das sind die, die seit einigen Monaten die Schlagzeilen in
       Deutschland bestimmen und nun auch kampferprobten AltaktivistInnen
       Veränderung in der Bewegung abringen: Schülerinnen und Schüler, meistens
       minderjährig, freundlich von oben betrachtet als ein neues politisches
       Subjekt, das zwar noch irgendwie klein ist, aber groß genug, um eine eigene
       Bezeichnung zu bekommen. „Schulis“, das ist übrigens auch ein
       geschlechterneutrales Wort.
       
       Die „Finger-Polko“: Wichtige Einheit beim zivilen Ungehorsam. In jedem
       Finger, also in jeder großen Gruppe von Menschen, die gemeinsam loszieht,
       um Blockaden zu errichten, sind einige AktivistInnen, die die Kommunikation
       mit der Polizei übernehmen – die „Polko“. Das sind oft freundliche, ruhige
       Leute, die im Reden und Verhandeln erprobt sind. Sie erklären der Polizei
       häufig, warum es jetzt erst mal noch etwas dauert: weil das Deli-Plenum
       sich noch besprechen muss.
       
       Die „Gesa“: Das ist der Ort, an dem Blockierende im Laufe eines
       Blockadewochenendes landen könnten: Die Gefangenensammelstelle. Um ihr zu
       entkommen, schreiben sich viele Aktivistinnen und Aktivisten vorher mit
       Edding eine Telefonnummer auf den Arm, die sie anrufen können, wenn sie
       eingelocht werden. Manche sind noch besser vorbereitet: Sie verkleben sich
       die Fingerkuppen mit Sekundenkleber, um nicht erkennungsdienstlich
       behandelt werden zu können.
       
       Die „Strukturleute“: Die sind wichtig, weil sie manchmal gar keine Lust auf
       irgendwelche Aktionen und Besetzungen haben, aber dafür sorgen, dass
       alles da ist – zum Beispiel im Protestcamp. Sie fahren Dinge von einem Ort
       zum anderen, sorgen für Toiletten und mit Flatterband abgezirkelte Gehwege
       auf Zeltplätzen. Und sie kümmern sich um alles, was mit der Logistik und
       Infrastruktur des Protests zu tun hat. Dies ist, bei Tausenden Menschen,
       die sich selbst organisieren, eine beachtliche Herausforderung. Weil man
       als Strukturmensch viel Internes mitkriegt, ist das auch die für den
       Verfassungsschutz attraktivste Gruppe. Wenn in der Vergangenheit V-Leute im
       Aktivistenmilieu aufflogen, waren es meist zurückhaltende Typen, die in der
       Logistik tätig waren.
       
       Die „Küfa“: Das steht für „Küche für alle“ und ist Ausdruck eines sich
       wandelnden Volksbewusstseins in der Bewegung. Einst hieß die
       gemeinschaftlich und solidarisch organisierte Küche Volksküche. Mit dem
       Vegetarismus, dem Veganismus und dem Spontitum der letzten Jahrzehnte
       änderte sich dies zunächst in „Volxküche“, ehe auch diese ironische
       Volksreferenz infrage gestellt wurde. „Küfa“ gilt daher inzwischen vielen
       AktivistInnen als adäquater Begriff. Wichtig ist sie auch, denn in ihr muss
       es schmecken. Tut es auch meist. Statt Nutella gibt es da etwa eine Paste
       aus frischer Banane und Kakao – durchaus konkurrenzfähig.
       
       Die „Strohsis“: Nichts ist wichtiger als ein schöner Strohsack in der
       Schienenblockade, weil er als Kopfkissen dient oder als Gemütlichkeits- und
       damit Luxusaccessoire. Die Strohsäcke werden handgestopft in
       marschtaugliche Mitnehmgrößen und haben noch einen zweiten, wichtigen
       Zweck: Mit ihnen können Schlagstockeinsätze der Polizei abgewehrt werden.
       Nur ein gutes Wort gibt es für die Strohsäcke noch nicht. Die taz tauft sie
       „Strohsis“. Das ist nicht so lang.
       
       21 Jun 2019
       
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