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       # taz.de -- Widerstand gegen das Militärregime: Gegenregierung ruft zur Revolution
       
       > In Myanmar wendet sich die nach dem Putsch gebildete Untergrundregierung
       > erstmals mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit. Wieder viele Tote.
       
   IMG Bild: Frauen trommeln am Sonntag in Yangon gegen das Militärregime
       
       Berlin taz | In seiner ersten Videobotschaft an die Bevölkerung hat der
       amtierende Vizechef der nach dem Putsch im Untergrund gebildeten
       Gegenregierung zum Widerstand gegen das Putschregime aufgerufen und dabei
       von Revolution gesprochen.
       
       Mahn Win Khaing Than sagte in seinem auf [1][Facebook] geposteten Video am
       Samstagabend laut Übersetzung der Agentur AFP: „Um eine föderale Demokratie
       zu formen, die alle ethnischen Brüder wirklich wünschen, die seit
       Jahrzehnten unter verschiedenen Unterdrückungen der Diktatur leiden, ist
       diese Revolution eine Chance, unsere Anstrengungen zu bündeln.“
       
       Der 63-jährige Christ von der Ethnie der Karen, der für die Nationale Liga
       für Demokratie (NLD) von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi im
       November ins Oberhaus gewählt wurde, ist von untergetauchten Abgeordneten
       beider Parlamentskammern zum Vizeregierungschef der Untergrundregierung
       bestimmt worden.
       
       Wie die anderen noch nicht verhafteten Abgeordneten wird er jetzt vom
       [2][Militärregime] gesucht und muss mit härtester Bestrafung bis hin zum
       Tod rechnen. Die Junta hat das Untergrundparlament CRPH und die von ihm
       gebildete Gegenregierung für illegal erklärt und droht allen, die mit ihnen
       zusammenarbeiten, mit Vergeltung.
       
       ## „Wir werden den Aufstand gewinnen“
       
       „Wir werden niemals einem ungerechten Militär nachgeben, sondern unsere
       Zukunft mit vereinigter Kraft gestalten“, erklärte Mahn Win Khaing Than.
       Myanmar erlebe gerade seine „dunkelste“ Zeit, aber das Licht des
       Sonnenaufgangs sei nah. Er forderte die Menschen auf, weiter Widerstand
       gegen die Militärregierung zu leisten: „Wir werden diesen Aufstand
       gewinnen.“ Am Ende seiner Ansprache zeigte er den Drei-Finger-Gruß, das
       Symbol des Widerstands.
       
       Die Proteste gingen auch am Wochenende weiter. Erneut wurden
       Demonstrant:innen von Polizei und Militär erschossen, insgesamt
       mindestens 18 am Wochenende. Die Zahl der Toten liegt damit bei rund 100,
       die Zahl der Festgenommenen bei über 2.100.
       
       Es wird zunehmend schwieriger, den Überblick über die Zahl der Opfer zu
       behalten. Auch ist unklar, wie viele Menschen in Polizeigewahrsam sterben,
       etwa aufgrund unterlassener Hilfeleistung. In den sozialen Medien kursieren
       Bilder, wie die Körper Angeschossener von Regimekräften über Straßen
       geschleift werden. Ob die Opfer noch lebten, noch hätten gerettet werden
       können oder längst tot sind, ist meist unklar.
       
       Offensichtlich ist, dass Polizei und Militär mit gnadenloser Härte
       vorgehen. Das Töten, nicht selten mit Kopfschüssen, mit scharfer Munition
       gehört zur Strategie.
       
       In Industrieviertel Hlaing Tharyar im Westen der früheren Haupstadt Yangon
       (Rangun) schoss die Polizei am Wochenende von einer Brücke auf
       Demonstranten.
       
       ## Brand in drei Fabriken
       
       Zeitweilig standen schwere Rauchwolken brennender Barrikaden über der
       Stadt, die mutmaßlich von Kräften des Regimes angezündet wurden. Berichten
       zufolge schossen sie auf Menschen, die versuchten, die Feuer zu löschen.
       
       Das Webportal [3][Irrawaddy] berichtete, dass in Hlaing Tharyar auch drei
       Textilfabriken brennen, zwei chinesische und eine taiwanische. Die
       Brandursache war unklar, doch gibt es, demnach eine zwanzigköpfige Gruppe
       auf Motorrädern die Brände gelegt haben soll. Ob es sich dabei um Schläger
       des Regimes handelte oder womöglich um Demonstranten ist unklar.
       
       In der Vergangenheit gehörte es zur den Strategien des Militärs, kriminelle
       Aktionen anderen in die Schuhe zu schieben und so Zwietracht zu säen.
       Andererseits ist China bei vielen Demonstrant:innen unbeliebt, da es
       die Junta im UN-Sicherheitsrat bereits mehrfach vor einer Verurteilung
       geschützt hat.
       
       Unbestätigten Meldungen zufolge, die auf Angaben eines Krankenhauses
       basieren sollen, wurden in dem Viertel am Sonntag mehrere Personen getötet.
       
       ## Schüsse von Polizei und Militär an vielen Orten
       
       Drei Personen wurden in der Nacht auf Samstag erschossen, als die Polizei
       im Yangoner Stadtteil Theketa vor einer Polizeiwache das Feuer auf eine
       Menschenmenge eröffnete, die dort die Freilassung Festgenommener gefordert
       hatte.
       
       Im zentralen Mandalay wurden am Samstag bei einem Sit-In fünf Personen
       erschossen. Weitere Tote gab es in Hpakant und Mogaung, beide im nördlichen
       Kachin-Staat, und in Myanmars viertgrößter Stadt, Bago.
       
       An den Abenden des Samstags und Sonntags gab es Aufnahmen in sozialen
       Medien zufolge in Yangon große Protestversammlungen. Tausende schwenkten
       leuchtende Handys oder hielten Kerzen und sangen Protestlieder.
       
       14 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://web.facebook.com/crph.official.mm
   DIR [2] /Militaer-nach-Putsch-in-Myanmar/!5751221
   DIR [3] https://www.irrawaddy.com/news/burma/chinese-owned-factories-fire-myanmar-military-regimes-protest-crackdowns-escalate.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
       ## TAGS
       
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