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       # taz.de -- Wird der russische Fußball asiatisch?: Suche nach neuen Allianzen
       
       > Der russische Fußballverband will Ende des Jahres entscheiden, ob er vom
       > europäischen zum asiatischen Fußballverband wechseln will.
       
   IMG Bild: Russlands Fußballpräsident Alexander Djukow (r.) will seine Kicker aus der Isolation führen
       
       Die Zeit drängt. Kurz vor Weihnachten trafen sich die führenden Vertreter
       des russischen Fußballverbands schon zu einer beratenden Sitzung, um über
       einen möglichen Austritt aus der Uefa zu sprechen. Der Abschied aus der
       europäischen Fußballfamilie soll mit einem Antrag auf Aufnahme in die
       Asiatische Fußball-Konföderation (AFC) verbunden sein. Am 27. Dezember
       sollte das Exekutivkomitee des Verbandes die Entscheidung darüber fällen.
       
       Doch der Beschluss wurde noch einmal auf den 31. Dezember verschoben, wie
       die russische Nachrichtenagentur TASS berichtete. Offenkundig ist der
       Wechsel eine kompliziertere Angelegenheit. Im Falle von Australien hatte
       der Wechsel zum asiatischen Verband mehrere Jahre gedauert.
       
       Am Samstag soll aber Klarheit geschaffen werden. Es eilt, weil Russland bei
       den asiatischen Qualifikationsturnieren für die Fußballweltmeisterschaft
       2026 dabei sein will, wie Alexander Djukow, der Präsident des
       Fußballverbandes, deutlich machte.
       
       Die WM in Katar verpasste das russische Fußballnationalteam, weil die Uefa
       und die Fifa [1][am 28. Februar infolge des Einmarsches Russlands] in die
       Ukraine deren Teams von sämtlichen Wettbewerben ausschloss.
       
       ## Nur drei Freundschaftsspiele
       
       Djukow behauptet nun, die Fifa habe nichts gegen eine Beteiligung Russlands
       an der WM-Qualifikation als asiatisches Team einzuwenden. In Europa, so
       erklärte Djukow gegenüber russischen Medien, sei der Fußball in den
       Hintergrund getreten. Die Politik stünde dort an erster Stelle. Das habe
       man bei der Weltmeisterschaft in Katar gesehen. „Heute sind sie [Europa]
       mit der Situation dort nicht zufrieden. Morgen werden sie Fragen zu den
       Menschenrechten stellen, übermorgen wird sich herausstellen, dass wir die
       LGBT-Bewegung nicht tatkräftig unterstützen, und das wird auch die
       Grundlage für einen Boykott sein.“
       
       Bonita Mersiades, die einst für den australischen Fußballverband und deren
       WM-Gastgeberambitionen arbeitete und dann als Whistleblowerin Einblicke in
       das Fifa-Vergabeverfahren der Weltmeisterschaften 2018 (Russland) und 2022
       (Katar) gab, forderte gegenüber dem Guardian, jeder Aufnahmeantrag
       Russlands müsste abgelehnt werden. Es ginge darum, das Land von
       internationalen Wettbewerben fernzuhalten.
       
       Australien, Japan und Südkorea dürften die russische Bewerbung eher
       kritisch behandeln. Als Unterstützer dieses Antrags könnten sich dagegen
       China, Iran und Nordkorea erweisen.
       
       Seit Beginn des russischen Angriffskriegs hat das russische
       Männernationalteam nur drei Freundschaftsspiele [2][gegen Kirgistan],
       Tadschikistan und Usbekistan bestritten. Die Frauen wurden von der
       Europameisterschaft ausgeschlossen und trugen zuletzt im November gegen
       Serbien zwei Freundschaftsspiele aus.
       
       Von einem Eintritt in den asiatischen Verband erhofft sich der russische
       Fußballverband aber auch Vorteile für die Wettbewerbsfähigkeit seiner
       renommierten Männervereinsteams wie Zenit St. Petersburg, Spartak oder ZSKA
       Moskau.
       
       Doch auch jenseits des Fußballs will man in Russland neue Allianzen im
       Sport bilden. Dmitri Swischtschew, der Vorsitzende des Duma-Ausschusses für
       Körperkultur und Sport, stellte jüngst ironisch fest, man habe wiederholt
       gehört, [3][dass IOC-Präsident Thomas Bach die Russen] aus dem Sportleben
       entfernen wolle, aber zugleich manchmal empfehle, sie wieder zuzulassen.
       
       Er bezeichnete Teile der internationalen Sportgemeinschaft als russophob
       und schlug deshalb vor, Russlands Sport müsse Kontakt mit der Shanghaier
       Organisation für Zusammenarbeit, der neben Russland China, Indien, Iran,
       Kasachstan, Kirgisistan, Pakistan, Tadschikistan und Usbekistan angehören,
       suchen. Oder zu den Brics-Staaten, einer Vereinigung aufstrebender
       Volkswirtschaften, zu denen Brasilien, Russland, Indien, China und
       Südafrika zählen.
       
       31 Dec 2022
       
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