URI: 
       # taz.de -- Wölfe in Brandenburg: Abknallen ist auch keine Lösung
       
       > Die Nutztierhalter fühlen sich nicht ernst genommen. Der Bauernbund
       > fordert nun die „aktive Bejagung“ märkischer Wölfe. Umweltministerium und
       > FDP sind dagegen.
       
   IMG Bild: Canis lupus: beim Bauer wenig beliebt
       
       LENNEWITZ/POTSDAM dpa | Der Bauernbund Brandenburg will Wölfe wegen ihrer
       Angriffe auf Schafe und Ziegen aktiv bejagen lassen. Der Wolf müsse dazu
       bundesweit ins Jagdrecht übernommen werden, forderte Geschäftsführer
       Reinhard Jung am Dienstag. „Wir wollen das geschützte Tier aber nicht
       ausrotten“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Der Wolf bedrohe jedoch
       Tiere auf der Weide und damit auch die Produktion von Fleisch. Der Vorstoß
       von Landwirten stieß auf Kritik.
       
       Weil die vom Umweltministerium vorgesehenen Pläne zum Umgang mit den Wölfen
       die Ausbreitung des Tieres nicht eindämme, werde der Bauernbund an dem
       Projekt nicht mehr mitarbeiten, hieß es. In der kommenden Woche ist dazu
       die letzte Sitzung vorgesehen. Der märkische Wolfsplan von 1994, der den
       Umgang mit dem in Deutschland streng geschützten Tier regelt, wird zurzeit
       mit Beteiligung von etwa 80 Verbänden und Institutionen abschließend
       überarbeitet. Er soll nächstes Jahr in neuer Form vorgelegt werden.
       
       Der märkische Umweltverband BUND und das Umweltministerium äußerten
       Unverständnis für die Forderung des Bauernbundes, den Wolf aktiv zu jagen,
       und verwiesen auf den Schutzstatus des Tieres. Kritik am Wolfskonzept der
       rot-roten Landesregierung kam von den oppositionellen Landtagsfraktionen
       von FDP und CDU.
       
       „Wir Nutztierhalter fühlen uns bei der Wolfsdiskussion nicht ernst
       genommen“, bemängelte Bauernbund-Geschäftsführer Jung. „Es geht uns im Kern
       darum, dass die Tierhalter durch die vom Wolf angerichteten Schäden
       ökonomisch nicht kaputtgemacht werden dürfen.“ In Brandenburg gebe es für
       den Wolf bereits etwa 60.000 Hektar Naturreservate sowie gesperrte Flächen
       in alten Tagebauen und Truppenübungsplätzen, bemerkte Jung. „Dort kann der
       Wolf in Ruhe leben.“
       
       ## Die Haftungsfrage bei Rindern
       
       Das Vorstandsmitglied des Bauernbundes, Lutz-Uwe Kahn, warf dem
       Umweltministerium vor, es könne die Tierhalter nicht flächendeckend
       wolfssichere Zäune finanzieren oder den Verlust von getöteten Nutztieren
       entschädigen. Ungeklärt sei zudem die Haftungsfrage bei Rindern, die vom
       Wolf gerissen wurden. Das Ministerium wollte sich zu den konkreten
       Vorwürfen nicht äußern. Es schätzt die Zahl der Brandenburger Wölfe auf 30
       bis 40 Tiere.
       
       Das bezweifelte der forstpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion,
       Gregor Beyer. Nach seiner Ansicht leben in Brandenburg inwischen mehr als
       100 Wölfe in der freien Natur. „Für die nun laut werdenden Forderungen nach
       einer Bejagung des Wolfes trägt die Landesregierung durch ihr
       unprofessionelles Agieren die alleinige Verantwortung“, erklärte Beyer.
       
       Auch der Landesjagdverband wisse nicht genau, wie viele Wölfe in
       Brandenburg leben. „Das wollen unsere Jäger gerade herausfinden“, sagte der
       Geschäftsführer Bernd Möller. „Die Population muss längere Zeit beobachtet
       und wenn nötig reduziert werden“, sagte er. Dazu müsse aber der hohe
       Schutzstatus des Wolfes verringert werden.
       
       ## Entschädigung für Bauern und Hobby-Tierhalter
       
       Für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sei die Jagd
       keine Lösung des Wolfsproblems, sagte der Brandenburger Wolfsexperte Uwe
       Pena. Es dürfe keine Obergrenze für die noch junge Population im Land
       geben. „Wir fordern aber auch eine Entschädigung für betroffene Bauern
       sowie für Hobby-Tierhalter. Seit 2007 bis April 2012 wurden nach Angaben
       des BUND in Brandenburg rund 300 vom Wolf verletzte oder getötete Nutztiere
       gezählt, meist Schafe sowie Ziegen und Kälber.“
       
       Bereits zu Jahresbeginn habe die CDU im Landtag Brandenburgs gefordert, den
       Wolf in das brandenburgische Jagdrecht mit ganzjähriger Schonzeit
       aufzunehmen, erklärte Dieter Dombrowski, agrar- und umweltpolitischer
       Fraktionssprecher: „Die Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht unterstützt
       aufgrund der gesetzlichen Hegeverpflichtung der Jäger ein effizientes
       Wolfsmonitoring in Brandenburg.“
       
       Der Landesbauernverband, der die große Mehrzahl der Landwirte vertritt,
       hatte nach Zwischenfällen mit Wölfen im Sommer gedroht, den neuen
       Wolfsmanagementplan des Landes nicht zu unterzeichnen. Für die von
       Wolfsrissen betroffenen Tierhalter müsse es einen gesicherten Anspruch auf
       unbürokratische Entschädigung geben, forderte der Verband. Hierfür sei ein
       fester Haushaltstitel nötig.
       
       5 Dec 2012
       
       ## TAGS
       
   DIR Brandenburg
   DIR Bauernverband
   DIR Wölfe
   DIR Abschuss
   DIR Jagd
   DIR Tierschutz
   DIR Biodiversität
   DIR Reiseland Kanada
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Raubtier-Jagd in Schweden gestoppt: Wölfe töten löst keine Probleme
       
       Seit einer Woche dürfen männliche Wölfe in Schweden gejagt werden. Nun hat
       eine Naturschutzorganisation einen vorläufigen Stopp erstritten.
       
   DIR Halali vs. Artenschutz: Schweden auf Wolfsjagd
       
       Tierschützer sind empört: Das skandinavische Land riskiert wegen der Hatz
       auf Wölfe sogar, von der Europäischen Kommission verklagt zu werden.
       
   DIR Wie umgehen mit wilden Tieren?: "Der Wolf ist ein Opportunist"
       
       Wölfe werden sich in Branden ausbreiten. Einzelne Tiere könnten auch durch
       die Außenbezirke Berlins streifen, sagt Tierexperte Derk Ehlert.
       
   DIR Wolfssichtung bei Berlin: „Die Wölfe fühlen sich pudelwohl hier“
       
       Bei Berlin wurde ein Wolfsrudel mit Nachwuchs gesicht. WWF-Experte Janosch
       Arnold empfiehlt: Wer einen Wolf sieht, sollte sich nicht sorgen, sondern
       es genießen.
       
   DIR EU-Schutzstatus missachtet: CDU will Wölfe abknallen
       
       Es gibt Streit um die Wölfe in Mecklenburg-Vorpommern. Die CDU will sie zum
       zum Abschuss freigeben. Naturschützer sind empört, der Koalitionspartner
       auch.
       
   DIR Der Norden Kanadas: Ein Sommer mit Eisbär
       
       Bei einem Aufenthalt in der abgelegenen Lodge Nanuk an der Hudson Bay
       können Naturliebhaber Auge in Auge mit dem größten Landraubtier der Welt
       frühstücken.
       
   DIR Raubtiere in Deutschland: Wer hat Angst vorm wilden Wolf?
       
       Der Wolf ist zurück in Westdeutschland. Die Umweltminister freut das, die
       Nutztierhalter weniger. Nun sollen Wolfsberater für Frieden sorgen. Lamas
       könnten ihnen helfen.
       
   DIR Wildtiere im Wendland: „Wölfe brauchen keine Wildnis"
       
       Seit elf Jahren leben Wölfe in Deutschland, jetzt etablieren sie sich in
       der Lüneburger Heide und dem Wendland. Wolfsberater Kenny Kenner hilft,
       sich an ihre Anwesenheit zu gewöhnen.