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       # taz.de -- Wölfe in Brandenburg: Verschwörungstheorien um Isegrim
       
       > Die Bürgerinitiative Spreewald statt Wildnis gibt dem Obmann eines
       > Vereins namens Wolfstop-Europe ein Forum. Die Begeisterung über den
       > dubiosen Vortrag hält sich in Grenzen.
       
   IMG Bild: Wolf in Brandenburg. Seine Gegner wittern Morgenluft
       
       Lübben taz | Letzte Woche Prenzlau, diese Woche Lübben: Veranstaltungen zum
       Wolf haben derzeit Hochkonjunktur. Isegrims Gegner wittern Morgenluft, seit
       Brandenburg eine neue Landesregierung hat.
       
       Wäre die Lage nicht so ernst, man hätte die Veranstaltung, die
       Mittwochabend im Wappensaal des Lübbener Schlosses stattfand, als Kabarett
       abbuchen können. „Raubtiere in Europa – strategische Werkzeuge zur kalten
       Enteignung?“ lautete der Titel. Eingeladen hatten ein zuvor in Deutschland
       noch nicht aufgetretener Verein namens Wolfstop Europe und die
       Bürgerinitiative Spreewald statt Wildnis.
       
       Die BI hatte sich vor drei Jahren gegründet, als der damalige
       brandenburgische Umweltminister Axel Vogel (Grüne) Teile des Spreewalds als
       Wildnisgebiete unter Schutz stellte. Man habe sich seinerzeit mit einer
       Petition von 8.000 Unterschriften „gegen diese Landnahme“ zur Wehr gesetzt,
       sagte ein BI-Sprecher zur Begrüßung im Wappensaal. Von der neuen
       SPD-BSW-Landesregierung fordere man, dass die Ausweisung der Flächen
       zurückgenommen werde.
       
       ## Andere Saiten aufziehen
       
       Der neue Umweltstaatssekretär Gregor Beyer, ein passionierter Jäger, hatte
       beim [1][vorangegangenen Wolfshearing in Prenzlau] bereits angekündigt,
       dass er andere Saiten aufziehen will, als sein grüner Vorgänger. Er wolle
       dafür sorgen, dass der Wolf zügig ins Jagdrecht aufgenommen wird, und das
       „Wildtiermanagement“ in einer bei ihm angesiedelten Stabsstelle zur
       „Chefsache“ machen, sagte Beyer.
       
       Alleinbestreiter der Veranstaltung in Lübben war ein großer Mann mit
       graumelierten Haaren und Brille, der sich in österreichischem Dialekt als
       Gerhard Fallent, Obmann von Wolfstop Europe, vorstellte. Fast zwei Stunden
       dauerte sein Vortag, der harmlos begann und in Verschwörungstheorien
       gipfelte.
       
       „Um Gottes willen“, brach es aus einem ehrenamtlichen Wolfsbeauftragten
       heraus, der sich unter den rund 60 Zuhörerinnen und Zuhörern befand und dem
       Redner, noch während des Vortrags, immer wieder widersprach.
       
       Weltweit, behauptete Fallent, gebe es mittlerweile so viele Wölfe, dass sie
       längst wieder bejagt werden könnten. Nur mit einer rigiden Begrenzung der
       Rudel könne Schaden und Gefahr von Menschen und Tieren abgewendet werden.
       Maximal ein Rudel pro 11.000 Quadratkilometern halte er für zumutbar. „Bei
       euch in Brandenburg würde das drei Rudel heißen“, sagte Fallent, ans
       Publikum gewandt.
       
       [2][Beim letzten offiziellen Wolfsmonitoring wurden in Brandenburg 58 Rudel
       gezählt – Rekord in Deutschland].
       
       ## Riesengroßer Hunger
       
       „Was passiert, wenn nichts passiert?“, fragte Fallent zum Schluss. Zuvor
       hatte er Bilder von einer jungen Frau gezeigt, die in Rumänien von einem
       Bären getötet worden war. Und eine Geschichte von einem 71-Jährigen
       erzählte, der in der Nähe von Brixen in Südtirol mit „weggefressenen
       Genitalien“ aufgefunden worden sei. Die DNA-Analyse habe ergeben, [3][„es
       war ein Fuchs]“.
       
       Das, so Fallent, sei die Folge, wenn der Mensch die Natur nicht in Schach
       halte. Der Hunger des Wolfes sei „riesengroß“. Das Eskalationsszenario
       werde damit enden, dass „die Großraubtiere“ die Städte eroberten. „Da“, so
       Fallert, „befinden wir uns noch nicht.“
       
       Von „höchst unseriös“ bis „Horizont erweitert“ gingen die Reaktionen des
       Publikums. Aber selbst bei ausgewiesenen Wolfsgegnern, die man im Saal
       vermuten konnte – die offene Begeisterung blieb aus. Fallents kostenloses
       Schild mit einem angriffslustigen Wolf – gemeint als Warnung zum Aufhängen
       – fand aber reißenden Absatz. Auch die Wolfsfreunde griffen zu.
       
       17 Jan 2025
       
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