# taz.de -- Wofür Geld da ist –und wofür nicht
> Im Vorfeld des „Gallery Weekend“ traf sich die globale Kunstmarkt-Elite
> auf Einladung der „New York Times“ in Berlin
Von Gunnar Luetzow
Zweitausend Dollar. Eine Summe, die ungefähr 1.600 Euro entspricht und an
vieles denken lässt: So wenig bringt manch ein Job knapp über dem
Mindestlohn, so viel kann die Monatsmiete einer Einzimmerwohnung in
Manhattan kosten. Für manche ein Vermögen, für andere ein neuer Satz
Felgen. Und dann gibt es noch eine Klientel, die so einen Betrag unter
„Eintrittsgeld“ rubriziert. Diese Summe wurde nämlich als Teilnahmegebühr
für die Konferenz „The New York Times Art Leaders Network“ aufgerufen, die
am Mittwoch und Donnerstag im Vorfeld des „Gallery Weekend“ im Berliner
Ewerk stattfand.
Diese Wette auf die Existenz einer solventen Zielgruppe wird verständlich,
wenn man sich von der Vorstellung brotloser Kunst verabschiedet und einen
Blick in die das Volumen des globalen Kunstmarkts betreffenden
Untersuchungen der letzten Jahre wirft: Schätzte der Tefaf-Report von 2017
noch einen Gesamtumsatz von 45 Milliarden Dollar, so spricht der „Art
Basel“-Report von 2018 von 63,7 Milliarden Dollar.
Dass es trotz dieses Booms genug Gesprächsstoff gibt, liegt nicht zuletzt
an einer absurden Einkommensdisparität an den unterschiedlichen Stationen
der Wertschöpfungskette. Diese scheint inzwischen nicht mehr nur die
KünstlerInnen zu betreffen, die in Berlin laut einer am Dienstag
vorgestellten Studie mit durchschnittlichen Jahreseinkünften aus
künstlerischer Arbeit in Höhe von 9.600 Euro prekär leben.
Auch die Galerien klagen: Bereits im Jahr 2014 hatte die als etabliert und
erfolgreich geltende Berliner Galerie CFA Schlagzeilen mit einem Interview
in der Kunstzeitschrift Monopol gemacht. Trauriges Fazit der
erfolgsverwöhnten Galeristen: „Das System ist so was von abgefuckt!“
Darüber, ob es überhaupt ein „System“ gibt und wenn ja, wer dazugehört,
existieren verschiedene Meinungen, von denen einige bis in den Bereich der
Verschwörungstheorie gehen. Doch auch wenn sich der Geschmack vieler auf
Dauer von nicht von einer kleinen Gruppe steuern lässt, hat es doch einen
Beigeschmack, wenn zum Beispiel in den USA Künstler aus dem Programm einer
überschaubaren Anzahl von Galerien einen signifikant hohen Anteil an
institutionellen Einzelausstellungen haben.
Als gesichert darf ebenfalls gelten, dass niemand grundlos auf Listen wie
der „Art Power 100“ landet. Es ist der Zugang zu diesem elitären
Personenkreis der weltweit vernetzten Macherinnen und Macher, die eine
Konferenz wie das „The New York Times Art Leaders Network“ zu
monetarisieren versucht: Ai Weiwei, David Zwirner oder Sheikha al-Mayassa
bint Hamad bin Khalifa al-Thani, Vorsitzende der Museumsbehörde des Emirats
Katar, sind ansonsten vergleichsweise unerreichbar.
Das eigentlich drängende Thema wurde am Donnerstag dann von weniger
glamourösen Namen verhandelt: die Zukunft der kleinen und mittelgroßen
Galerien – sofern sie im Zeitalter der global agierenden Kunstkonzerne eine
haben. Letzten Endes trifft diese Entscheidung das insbesondere in Berlin
erstaunlich anspruchsvoll agierende Publikum, das die privat organisierte
ganzjährige Bespaßung mit zeitgenössischer Kunst als Teil der öffentlichen
Daseinsvorsorge missversteht und auch noch laut wird, wenn Getränke Geld
kosten.
Realistisch betrachtet ist es hingegen so: Die Herstellung und Vermittlung
von Kunst kosten Geld, und wer regelmäßig Galerien besucht, sollte die
Bereitschaft mitbringen, welches auszugeben. Rechnet man Steuern, Mieten
und weitere Kosten und Abgaben zusammen, wären 2.000 Dollar oder 1.600 Euro
für ein kleines Ölgemälde oder eine größere Arbeit auf Papier ein guter
Anfang.
28 Apr 2018
## AUTOREN
DIR Gunnar Luetzow
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