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       # taz.de -- ZDF-Filme „Unsere Mütter, unsere Väter“: Noch eine letzte Party
       
       > Stefan Kolditz hat für das ZDF die Miniserie „Unsere Mütter, unsere
       > Väter“ geschrieben. Es ist das Porträt einer Generation im
       > Schützengraben.
       
   IMG Bild: Vorbild „Band of Brothers“: 14 Millionen Euro hat die ZDF-Produktion „Unsere Mütter, unsere Väter“ gekostet.
       
       So eine Party ist immer eine schöne Fallhöhe für alles, was danach noch
       kommen mag. Unsere Mütter und Väter haben auch mal Partys gefeiert. Davon
       erzählen sie gern. „Unsere Mütter, unsere Väter“ haben auch mal Krieg
       geführt. Davon erzählen sie nicht so gern.
       
       Im gleichnamigen [1][ZDF-Dreiteiler], der am Sonntag (20.15 Uhr) startet,
       wird auch erst mal ordentlich gefeiert. Es ist 1941: Wilhelm (Volker Bruch)
       darf, sein Bruder Friedhelm (Tom Schilling) muss und die befreundete
       Charlotte (Miriam Stein) will als Krankenschwester an die Ostfront. Viktor
       (Ludwig Trepte) und Greta (Katharina Schüttler) bleiben. Er, weil er Jude
       ist. Sie, weil sie lieber Gesangskarriere macht. „Wir waren fünf Freunde,
       wir waren jung und wir wussten, dass uns die Zukunft gehören würde“,
       erzählt Wilhelm, der Kriegsheld, aus dem Off.
       
       „Mein Vater war im Krieg, Generation 1922. Der ist von der Schulbank in den
       Russlandfeldzug geschickt worden“, erzählt Drehbuchautor [2][Stefan
       Kolditz]. „Er hat ihn als schwer verwundeter Soldat verlassen.“ Doch anders
       als die meisten Männer seiner Generation erzählte Kolditz’ Vater viel.
       Zusammen mit den Berichten seines Onkels und seiner Mutter, die als Kind in
       Leipzig den Bomben ausgesetzt war, bildet diese eigene Familiengeschichte
       den einen Faden, an dem Kolditz’ fünf Hauptfiguren hängen.
       
       Der andere ist ein Jahr Recherche: Erinnerungen, Tagebücher, Berichte von
       Soldaten, neueste Forschungen über die Wehrmacht. Kolditz wollte den
       „Schützengrabenblick“ bekommen für sein Porträt einer deutschen Generation.
       Das hat er geschafft: Er hat Figuren geschaffen, die trotz ihres
       Prototypischen Individuen sind und bleiben – und er hat die Zeit dreier
       Filme genutzt, sie sich entwickeln zu lassen.
       
       ## Acht jahre Arbeit
       
       Insgesamt acht Jahre arbeitete Kolditz an dem Stoff. Erste Gespräche
       darüber führte er 2005 mit Produzent Nico Hofmann während der Dreharbeiten
       zu „Dresden“, dem ZDF-Zweiteiler über die Luftangriffe. Der Mainzer Sender
       wollte auch bei „Unsere Mütter, unsere Väter“ mitmachen.
       
       Kolditz, der neben „Dresden“ auch schon die Bücher zu mehreren „Tatort“-
       und „Polizeiruf 110“-Folgen sowie dem NVA-Film „An die Grenze“ schrieb und
       der 2012 den Deutschen Drehbuchpreis für das unverfilmte „Es war einmal“
       bekam, sagt, dass er Angst vor der Aufgabe „Unsere Mütter, unsere Väter“
       hatte. Wenn der 56-Jährige davon erzählt, wechselt er in die dritte Person:
       „Man fragt sich zwischendurch, ob man die Kraft hat, drei Teile zu
       schreiben. Aber aus der Angst erwächst die Kraft, so etwas zu tun.“
       
       Als 2010 die Bücher fertig waren und ein Regisseur für dieses Großprojekt
       gesucht wurde, schrieb Kolditz an Heike Hempel, die
       ZDF-Hauptabteilungsleiterin Fernsehfilm: „Wir sollten hier nicht auf Nummer
       sicher gehen. Das ist womöglich das Projekt unseres Lebens.“
       
       Die beiden entschieden sich für Philipp Kadelbach. Der junge Regisseur war
       wahrlich nicht die „Nummer sicher“. Als 2011 die Dreharbeiten begannen,
       hatte der damals erst 36-Jährige gerade einmal einen großen Film gedreht:
       „Hindenburg“. Für den wurde er zwar mit dem Fernsehpreis bedacht, doch
       waren die Trophäen, die er bis dato gesammelt hatte, fast alles
       Auszeichnungen für Werbespots.
       
       ## 10 Millionen vom ZDF
       
       Kolditz und Hempel vertrauten ihm ein Projekt an, dass am Ende 14 Millionen
       Euro kostete. Allein 10 Millionen davon kamen vom ZDF, der Rest von
       Filmförderungen. Das Risiko hat sich gelohnt. Kadelbach verleiht den
       starken Büchern die nötige Bildstärke: Die Kampfszenen wirken bewusst
       unübersichtlich, manchmal brutal, beklemmend, genauso wie der kalte Winter
       beklemmend wirkt, wie die Nähe zu den Figuren beklemmend wirkt.
       
       Wie bei Friedhelm, der anfangs noch moralisch überlegen die Lüge vom „Krieg
       gegen das Finanzjudentum“ verächtlich macht, sich vor jeder Aufgabe drückt
       und schockiert ist von den SS-Horden – aber das Töten schon bald selbst
       verinnerlicht hat und seinen Bruder auf die Idee bringt, die heimische
       Zivilbevölkerung über ein sumpfiges Minenfeld zu treiben. Der Film
       moralisiert nicht, er erzählt kein Märchen von armen, ahnungslosen Soldaten
       und verzichtet zumeist auf Pathos.
       
       „Schonungslos“ und „klar in der Darstellung“ nennt Redakteurin Hempel die
       Bildsprache. Vorbild: die Erzählweise in amerikanischen Serien wie „Band of
       Brothers“, „Homeland“ oder „Mad Men“. Dort sehe der Zuschauer „Figuren, die
       in ihrer ganzen Ambivalenz geführt werden, mit spektakulären Wendungen, die
       die Geschichten unterlaufen und gleichzeitig übertreffen“. Kolditz und
       Kadelbach haben es tatsächlich geschafft, diese Art des Fernsehmachens auf
       ihre Miniserie zu übertragen.
       
       17 Mar 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://umuv.zdf.de/Unsere-M%C3%BCtter-unsere-V%C3%A4ter/Unsere-M%C3%BCtter-unsere-V%C3%A4ter-26223848.html
   DIR [2] http://www.filmportal.de/person/stefan-kolditz_390a6c8eee584d7b91f2fc9770f1e64a
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürn Kruse
       
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