# taz.de -- Zeremonielles Staatsoberhaupt in Indien: Kastenloser Kandidat ist Präsident
> Der Jurist und Diplomat Ram Nath Kovind gilt als Feigenblatt der
> Hindu-Nationalisten. Politische Impulse sind von ihm nicht zu erwarten.
IMG Bild: Indiens neuer Präsident Ram Nath Kovind nach seiner Wahl
Berlin taz | Der von der hindunationalistischen Volkspartei (BJP)
nominierte Jurist und Exgouverneur des Bundesstaates Bihar, Ram Nath
Kovind, ist Indiens neuer Präsident. Gewählt wurde der 71-Jährige am
Montag, ausgezählt wurde erst an diesem Donnerstag. Mit 65 Prozent der
Stimmen fiel das Ergebnis deutlich aus. Die Wahl Kovinds zeigt vor allem
die Schwäche der Opposition. Indiens Staatspräsident hat nur zeremonielle
Funktionen inne.
Mit der Nominierung des konservativen Dalit („Unberührbaren“) Kovind gelang
der BJP ein geschickter Schachzug. Den hatte ihr die oppositionelle
Kongress-Partei offenbar nicht zugetraut. Denn unter der seit 2014 in Delhi
regierenden BJP hatten Übergriffe Nichthindus wie auch die sogenannten
Kastenlosen, als welche die auf der untersten Stufe der hinduistischen
Hierarchie stehenden Dalits gelten, zugenommen.
Radikale Hindus lässt die BJP-Regierung in der Regel gewähren. Die
Kongress-Partei hatte deshalb die Nominierung eines Hindu-Hardliners
erwartet und mit der Nominierung eines eigenen Kandidaten gewartet.
Kovind, der aus der radikalen BJP-Kaderorganistion RSS stammt, hatte sich
in Maßen für die als unrein geltenden Dalits eingesetzt. Damit konnte die
Kongress-Partei selbst auch nur eine kastenlose Politikerin, Meira Kumar,
nominieren. Die 72-jährige Tochter des früheren Dalit-Führers Jagjivan Ram
war zuvor Indiens erste weibliche Parlamentspräsidentin gewesen. Wie Kovind
gehörte sie auch zeitweilig dem diplomatischen Korps an.
Somit standen sich erstmals bei einer indischen Präsidentschaftswahl zwei
Dalit-Kandidaten gegenüber. Mit Kocheril Raman Narayanan war schon von 1997
bis 2002 erstmals ein Kastenloser Staatspräsident gewesen. Es wird nicht
erwartet, dass sich mit einem Dalit an der Staatsspitze das Leben der rund
250 Millionen Dalits in Indien grundsätzlich verbessert.
Vielmehr gilt Kovind eher als Feigenblatt einer hindu-chauvinistischen
Politik, die von Indiens Muslimen weitgehend abgelehnt wird. Viele Dalits
leben überdies von der Rinderzucht und Lederproduktion und stehen damit im
Widerspruch zu Hindu-Hardlinern, die Kühe als heilig ansehen.
20 Jul 2017
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DIR Sven Hansen
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