URI: 
       # taz.de -- Zollstreit: Die Vergeltung wird verschoben
       
       > Im Zollstreit mit den USA sollen die Gegenmaßnahmen der EU nicht vor
       > Anfang August in Kraft treten. Das gefällt nicht allen Mitgliedsstaaten.
       
   IMG Bild: Zollstreit zwischen der EU und den USA: Von der Leyen auf der Suche nach Verhandlungslösungen
       
       Die Europäer wollten zollfreien Handel für Autos und andere Industriegüter,
       nun drohen 30 Prozent Zoll auf alle europäischen Exporte in die USA: Nach
       wochenlangen ergebnislosen Verhandlungen ist der Handelsstreit zwischen
       Brüssel und Washington am Wochenende eskaliert.
       
       In einem im Ton freundlichen, in der Sache aber knallharten Brief an
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte US-Präsident Donald
       Trump einen pauschalen US-Zoll von 30 Prozent an und drohte, den Zollsatz
       bei möglichen europäischen Gegenmaßnahmen weiter zu erhöhen.
       
       Die Attacke hat die EU kalt erwischt. Mit einem Aufschlag von 10 Prozent
       hatte man in Brüssel gerechnet. Doch nicht mit einem „Zollhammer“ von 30
       Prozent. Er liegt noch höher als die 20 Prozent, mit denen Trump den
       Zollstreit im April eröffnet hatte.
       
       Hat Trump Europa damit endgültig den Handelskrieg erklärt? Oder ist sein
       Brief nur ein weiteres Manöver, um einen besseren Deal zu erreichen? Über
       diese Fragen und mögliche Gegenmaßnahmen wollten noch am Sonntagabend die
       Botschafter der 27 EU-Staaten in Brüssel beraten.
       
       ## Nicht sofort zurückschlagen
       
       Von der Leyen legte sich schon vorher fest: Die EU-Kommission, die in der
       Handelspolitik den Ton angibt, will nicht sofort zurückschlagen, sondern
       weiter verhandeln. Man werde Gegenmaßnahmen nicht wie geplant schon am
       Dienstag in Kraft setzen, sondern bis August warten.
       
       Damit setzt sich die EU-Kommission über Forderungen aus dem
       Europaparlament, aber auch aus EU-Staaten wie Frankreich hinweg. Sie sehen
       die vorsichtige und nachgiebige Verhandlungstaktik der Brüsseler Behörde
       mit wachsendem Unbehagen und wünschen sich eine härtere Reaktion.
       
       So forderte der Chef des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd
       Lange, sofort EU-Gegenzölle in Kraft zu setzen. Nach wochenlangen
       erfolglosen Gesprächen sei Trumps Brief eine „Unverschämtheit“, sagte der
       SPD-Politiker. Nun müsse auch Brüssel endlich Härte zeigen.
       
       Ähnliche Töne kamen aus Paris. „Es ist mehr denn je die Aufgabe der
       Kommission, die Bereitschaft der Union zu bekräftigen, die europäischen
       Interessen entschlossen zu verteidigen“, sagte Staatschef Emmanuel Macron.
       Dabei gehe es nicht nur um Gegenzölle, sondern auch um den EU-Mechanismus
       zur Bekämpfung von Zwangsmaßnahmen.
       
       ## Das schärfste Schwert
       
       Das sogenannte Anti-Coercion-Instrument war 2023 beschlossen worden –
       ursprünglich als Schutz vor China. Es gilt als schärfstes Schwert im Kampf
       gegen [1][Zwangsmaßnahmen im Außenhandel] und ermöglicht es Brüssel, eigene
       Einfuhrzölle, Handelsbeschränkungen oder Maßnahmen beim öffentlichen
       Beschaffungswesen zu verhängen.
       
       Die EU-Kommission lehnt dies ab. „So weit sind wir noch nicht“, sagte von
       der Leyen. Vielmehr gehe es darum, weiter eine Verhandlungslösung zu
       suchen. Gleichzeitig müsse man bereits fertige Gegenmaßnahmen in der
       Hinterhand behalten. „Das wirkt“, gab sich von der Leyen sicher. Der
       „zweigleisige Ansatz“ sei die beste Antwort.
       
       Allerdings hat er bisher nicht funktioniert – im Gegenteil. Bereits im
       Frühjahr hatte die EU eine erste Salve von Gegenmaßnahmen beschlossen, um
       auf [2][Trumps Strafzölle] für Stahl und Aluminium zu reagieren. Doch kurz
       nachdem die EU-Staaten grünes Licht gegeben hatten, setzte von der Leyen
       diese Maßnahme aus – für neue Verhandlungen.
       
       Anfang Mai legte Brüssel dann eine zweite Liste mit Vergeltungsmaßnahmen
       vor. Sie ist 95 Milliarden Euro wert und könnte US-Exportschlager wie
       Boeing, Ford, General Motors, Whirlpool und Jack Daniels treffen.
       Eigentlich sollte diese Strafliste im Juli in Kraft treten – doch wieder
       machte von der Leyen einen Rückzieher.
       
       Macht die EU nun endlich Druck? Deutschland steht weiter auf der Bremse.
       Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche fordert eine schnelle und
       pragmatische Verhandlungslösung. „Der Verhandlungspoker zwischen EU und USA
       geht in die entscheidende Phase“, erklärte der Vizechef der Unionsfraktion
       im Bundestag, Jürgen Hardt.
       
       Die beiden CDU-Politiker stärken damit ihrer Parteifreundin von der Leyen
       den Rücken – für eine weiche Linie. Sie hoffen auf einen Deal bis Ende
       Juli, durch den der Zollsatz wieder gesenkt werden könnte – womöglich auf
       20 Prozent. Allerdings [3][könnte sich Trump durch das Entgegenkommen auch
       ermutigt fühlen], noch härter zuzuschlagen.
       
       13 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Handelskonflikt-wegen-Trumps-Buddy/!6096249
   DIR [2] /Handelsstreit-zwischen-USA-und-Brasilien/!6100281
   DIR [3] /Politikwissenschaftler-Heinze-ueber-Trump/!6092569
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
   DIR Europäische Union
   DIR Zölle
   DIR Schwerpunkt USA unter Trump
   DIR Strafzölle
   DIR Schwerpunkt Emmanuel Macron
   DIR Schwerpunkt Emmanuel Macron
   DIR Schwerpunkt USA unter Trump
   DIR Zölle
   DIR Zölle
   DIR Schwerpunkt USA unter Trump
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Macron bei Merz in Berlin: Demonstrierte Einigkeit
       
       Bundeskanzler Merz will das angeschlagene Verhältnis zu Frankreich
       verbessern. Einig sind er und Präsident Macron sich allerdings nicht immer.
       
   DIR Treffen in Berlin: Merz und Macron wollen Rüstungsstreit bis Ende August lösen
       
       Der Kanzler und der Frankreichs Präsident versuchen, den Streit um das
       Kampfflugzeug FCAS zu entschärfen. Beide sind für einen
       Gaza-Waffenstillstand.
       
   DIR Nach Trumps 30-Prozent-Drohung: EU bringt hohe Zölle gegen USA in Stellung
       
       Donald Trump hatte mit 30 Prozent Zöllen auf EU-Waren gedroht. Als Reaktion
       bereitet die EU Zölle in Höhe von 72 Milliarden Euro auf US-Produkte vor.
       
   DIR Trumps Zoll-Psychospiele: Der ewige Schulrüpel
       
       Noch bleibt Europa von Trumps Zollvorhaben verschont. Die EU sollte sich
       nicht in die Defensive jagen lassen. Denn auch für die USA könnte es teuer
       werden.
       
   DIR Erhöhung des US-Einfuhrzolls: Japan und Südkorea reagieren gelassen auf Trumps Drohungen
       
       Trotz markiger Drohungen erhalten Japan und Südkorea drei Wochen mehr Zeit,
       ein neues Zollabkommen mit den USA auszuhandeln.
       
   DIR Trumps Drohung gegen Brics-Staaten: Beschleunigter eigener Abstieg
       
       Der US-Präsident droht den Brics-Staaten, aber das wird nicht verfangen.
       Denn das Bündnis ist längst eine Alternative für den globalen Süden.