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       # taz.de -- Zu hohe Subventionen für Trawler: WTO will Fischbestände retten
       
       > 20 Jahre lang wurde verhandelt, die Subventionen für die Fischerei
       > begrenzen. Das Ziel: Arme Länder sollen vor dem Verhungern bewahrt
       > werden.
       
   IMG Bild: Profitiert von Subventionen: Französischer Fischer
       
       Genf taz/dpa | Im Kampf gegen [1][schädliche staatliche Fischereibeihilfen]
       hat am Donnerstag in Genf eine entscheidende Verhandlungsrunde begonnen.
       Die kommerziellen Fischereiflotten, die oft Tausende Kilometer von den
       heimischen Küsten entfernt unterwegs sind, sollen deutlich reduziert
       werden, weil sonst ein [2][Kollaps zahlreicher Fischbestände droht]. Für
       Milliarden Menschen weltweit ist Fisch eine lebenswichtige Proteinquelle.
       Verbraucher in reichen Ländern sollten Fisch dagegen stärker als
       Delikatesse betrachten und weniger essen, fordern Umweltschützer.
       
       Über das Abkommen zur Begrenzung schädlicher Fischereisubventionen wird in
       der Welthandelsorganisation (WTO) seit 20 Jahren erfolglos verhandelt. Es
       wäre erst das zweite multilaterale Abkommen in der 26-jährigen Geschichte
       der WTO nach dem Abkommen über Handelserleichterungen, das 2017 in Kraft
       trat.
       
       Vor allem geht es um Subventionen etwa für Treibstoff oder die Anschaffung
       von Schiffen. Diese halten vielerorts an sich unrentable Flotten in Fahrt
       und tragen dazu bei, dass große Trawler der lokalen Bevölkerung den Fisch
       vor der Nase wegfangen.
       
       Mehr als ein Drittel der Fischbestände weltweit sind laut
       Welternährungsorganisation (FAO) überfischt. Laut einer [3][Studie]
       betrugen im Jahr 2018 die weltweiten Fischereisubventionen 35,4 Milliarden
       Dollar. 22,2 Milliarden davon wurden davon für Kapazitätserweitungen
       ausgegeben. 58 Prozent wurden von China, der EU, den USA, Südkorea und
       Japan verteilt.
       
       ## Umstritten sind Auflagen für Entwicklungsländer
       
       [4][WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala hat deshalb die Fischereisubventionen
       zur Priorität erklärt]. Die Haltungen der 146 Mitgliedsländer liegen aber
       noch weit auseinander. Nachdem Okonjo-Iweala zunächst eine Einigung im Juli
       in Aussicht gestellt hatte, ruderte sie letzthin zurück: Das aktuelle
       Treffen „sollte uns auf den Weg zu einem Abkommen führen“. Es soll im
       Dezember unterzeichnet werden.
       
       Umstritten sind unter anderem Ausnahmen von Auflagen für
       Entwicklungsländer. China hat zwar die mit Abstand größte Fischereiflotte
       der Welt, aber in der WTO den Status eines Entwicklungslands.
       
       Damit würden Ausnahmen von neuen Auflagen auch für China gelten. Während es
       etwa für die Weltbank Kriterien für Entwicklungs- oder Industrieländer
       gibt, kann in der WTO jedes Land selbst deklarieren, was es ist. Die EU
       verlangt deshalb, dass China auf jegliche Vorzugsbehandlung verzichtet. Die
       chinesische WTO-Botschaft in Genf hielt ihre Karten vor dem Treffen
       bedeckt.
       
       Als Schlupfloch gilt auch die EU-Forderung, Subventionen zuzulassen, wenn
       etwas getan wird, um die Fischbestände zu stabilisieren.
       
       ## Kritik von Client Earth
       
       Der Knackpunkt sei, dass dies unabhängig davon gelten soll, ob die
       Maßnahmen Wirkung zeigen, sagt die Fischereiexpertin der [5][Umweltstiftung
       WWF], Anna Holl: „Das würde den Status quo festschreiben, dann dürfte die
       EU weiterhin schädliche Subventionen gewähren. Es hilft nicht, wenn ein
       Block wie die EU, die sich Klima-, Umwelt- und Meeresschutz auf die Fahnen
       schreibt, solche Ausnahmen vorantreibt.“
       
       Die Umweltorganisation [6][Client Earth (Anwälte der Erde)] kritisiert
       zudem, dass Frankreich und Spanien, die einen Großteil der
       EU-Fischereisubventionen erhalten, nicht nachhaltig mit dem Geld umgehen.
       Nur bei gut 300 von mehr als 3.000 subventionierten spanischen Projekten
       sei es 2018 um den Schutz und die Wiederherstellung der Umwelt gegangen.
       
       In 1.500 Fällen wurde dagegen die vorübergehende Stilllegung finanziert.
       Damit würden die Boote künstlich im Geschäft gehalten. Es sei noch ein
       weiter Weg, „bis wir sagen können, dass das EU-Geld in der Fischerei klug
       eingesetzt wird“, sagt Flaminia Tacconi von Client Earth.
       
       15 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Meeresbiologe-ueber-Zustand-der-Ozeane/!5689288
   DIR [2] /Artenvielfalt-und-Oekosysteme-in-Gefahr/!5491214
   DIR [3] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0308597X19303677
   DIR [4] https://www.wto.org/english/news_e/spno_e/spno1_e.htm
   DIR [5] https://www.wwf.de/themen-projekte/meere-kuesten/fischerei/ueberfischung/
   DIR [6] https://www.clientearth.org/latest/latest-updates/news/two-biggest-recipients-of-eu-fisheries-fund-misused-eu-tax-payer-money-report-finds/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
       ## TAGS
       
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