URI: 
       # taz.de -- Zu wenig MPX-Impfstoff im Hotspot Berlin: Ausgebuchte Impftermine
       
       > Berlin ist der Hotspot für Infektionen mit den sogenannten Affenpocken.
       > Experten fordern schnell erheblich mehr Impfstoff.
       
   IMG Bild: Mangelware: Von dem MPX-Impfstoff Imvanex gibt es nicht nur in Deutschland viel zu wenig
       
       Berlin taz | Als der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
       Tedros Ghebreyesus auf einer Pressekonferenz am vergangenen Samstag
       [1][angesichts der Ausbreitung des MPX-Virus den internationalen
       Gesundheitsnotstand verkündete], muss er auch die Situation in Berlin vor
       Augen gehabt haben. Denn Berlin ist einer der globalen Hotspots, in denen
       sich das in Deutschland meist Affenpocken genannte Virus schnell
       verbreitet. Von den weltweit knapp 21.000 bekannten Infektionsfällen
       vermeldete das RKI am Donnerstag 1.310 allein in der Stadt. Damit wurde
       jede 16. Infektion in Berlin registriert. Im Bundesvergleich weist Berlin
       mehr als die Hälfte der bekannten Infektionen aus. Der ausgerufene Notstand
       ist deshalb auch ein direktes Signal an die Berliner Gesundheitspolitik.
       
       Denn die Erkrankung breitet sich bisher vor allem in der Community schwuler
       und bisexueller Männer aus, die wechselnde Geschlechtspartner haben. In
       Berlin sind dem RKI bisher nur zwei weibliche Infizierte bekannt. Berlins
       große queere Community ist dementsprechend besonders gefährdet. Deshalb hat
       hier – allerdings erst vor zwei Wochen – die Impfkampagne gegen MPX
       begonnen. [2][Das Bundesgesundheitsministerium hatte Ende Juni über 40.000
       Impstoffdosen besorgt, von denen 8.000 Berlin zugeteilt wurden.] Weitere
       200.000 Dosen sind für das dritte Quartal 2022 angekündigt, wobei
       Verteilung und Liefertermin noch nicht feststehen.
       
       „Wichtig ist jetzt, dass der Impfstoff schnell und unbürokratisch verimpft
       wird und möglichst viel davon für Erstimpfungen eingesetzt wird,“ sagt
       Holger Wicht, Sprecher der [3][Deutschen Aidshilfe], der taz. Der Impfstoff
       Imvanex des dänisch-deutschen Herstellers Bavarian Nordic wird in zwei
       Dosen in einem Abstand von mindestens vier Wochen verabreicht.
       
       Das soll in Berlin an insgesamt 30 Impfstellen passieren, von denen eine
       die Praxis City Ost in Friedrichshain ist. Dem dort niedergelassenen Arzt
       Dr. Heribert Hillenbrand wurden 300 der in Berlin verfügbaren 8.000
       Impfdosen geliefert. Alle Impftermine seien schon bis Ende dieser Woche
       vergeben, sagt Hillenbrand: „Berlin hätte mindestens die Hälfte der 40.000
       Impfdosen gebraucht, denn die Nachfrage ist riesig.“ Momentan müsse bei den
       Impfungen stark priorisiert werden. Aktuell werde danach entschieden, ob
       der Patient HIV-positiv und in der Praxis schon in Behandlung sei. Außerdem
       wird berücksichtigt, ob die Person eine HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP)
       zu sich nimmt, ein Medikament, das die Ansteckung mit HIV verhindern kann.
       Dabei werden bei der Verimpfung keine Dosen für die Zweitimpfung
       zurückgehalten: Man setzt auf die versprochenen Nachlieferungen.
       
       Die hohe Nachfrage bestätigt ein gerade geimpfter Patient, der anonym
       bleiben möchte. „Einer unserer Bekannten ist zwar auf PrEP, aber an keine
       der bekannten Schwerpunktpraxen angebunden. Deshalb bekommt er momentan
       einfach keinen Termin.“ Gerade in der schwulen Community sei das Wissen
       über sexuell übertragbare Krankheiten groß, weshalb die Impfbereitschaft
       hoch sei. Das Problem sei aber der fehlende Impfstoff, den er scherzhaft
       „Goldstaub“ nennt.
       
       Davon, dass mittelfristig unbedingt weiterer Impfstoff besorgt werden muss,
       ist auch Holger Wicht überzeugt. Dabei kritisiert er die bisherigen
       Berechnungen. „Die Zahl der laut RKI für eine Impfung in Frage kommenden
       130.000 Menschen ist mit Blick auf die kommenden Monate zu niedrig
       angesetzt. Wir gehen davon aus, dass wir in Deutschland etwa 1.000.000
       Impfdosen für 500.000 Menschen brauchen werden.“
       
       29 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /WHO-zu-Affenpocken/!5869721
   DIR [2] /Steigende-Zahl-von-Affenpocken-Faellen/!5862184
   DIR [3] https://www.aidshilfe.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Friedemann Melcher
       
       ## TAGS
       
   DIR Gesundheitspolitik
   DIR Impfstoff
   DIR Mpox
   DIR Schwerpunkt LGBTQIA
   DIR Mpox
   DIR Mpox
   DIR WHO
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Schutz vor Geschlechtskrankheiten: Freie Liebe auf Rezept
       
       Neue Medikamente machen Hoffnung auf ungeschützten Sex, vor allem in der
       schwulen Szene. Doch ohne Nachteile geht es nicht.
       
   DIR MPX-Virus in Berlin: Warten auf den Impfstoff
       
       Berlin ist Hotspot für Neuinfektionen mit dem MPX-Virus. Die
       Impfbereitschaft ist groß, aber derzeit wird nicht genug geliefert.
       
   DIR Affenpocken-Impfstoff fehlt in Berlin: Impfkampagne stockt
       
       Berlin bekommt kurzfristig 1.900 weitere Affenpocken-Impfdosen, muss auf
       die nächste große Lieferung aber warten. Ärzte und Aktivisten sind besorgt.
       
   DIR WHO zu Affenpocken: Internationale Notlage ausgerufen
       
       In mittlerweile mehr als 150 Ländern sind Infektionsfälle bekannt geworden.
       Der WHO-Generaldirektor hat deshalb nun die höchste Alarmstufe ausgelöst.
       
   DIR Affenpocken in Deutschland: Nichts dazugelernt
       
       Die Affenpocken sind in Deutschland auf dem Vormarsch. Und was tun die
       politisch Verantwortlichen? Sie wiederholen die Fehler ihrer Coronapolitik.