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       # taz.de -- Zukunft von Winter-Olympia: Warum nicht wieder in Japan?
       
       > Für die Winterspiele 2030 gilt Sapporo als Favorit. Die Olympiastadt von
       > 1972 präsentiert sich nachhaltig und barrierefrei. Nicht alle sehen das
       > so.
       
   IMG Bild: Rein ins Vergnügen: Westdeutsche Sportlerinnen bei der Ankunft im olympischen Dorf 1972
       
       Sapparo taz | Der Kurzfilm zeigt Bilder von früher und heute. Alltag
       verbindet sich mit Weltklassesport, die Vergangenheit mit der Zukunft. Aus
       dem Off sagt eine Stimme: „Was wir geerbt haben, wollen wir an die nächste
       Generation, an die nächste Welt weitergeben. Sapporos Lächeln wird zum
       Lächeln der Welt!“ Gelingen soll dies durch die Winterspiele im Jahr 2030.
       
       Für diese Spiele werden gerade Bewerbungen gesammelt. Auch in der Ukraine,
       dem kanadischen Vancouver, in den spanischen Pyrenäen und dem
       US-amerikanischen Salt Lake City besteht Interesse. Das nordjapanische
       Sapporo, das schon 1972 die Spiele veranstaltete, gilt als Favorit. Die
       Nachrichtenagentur Kyōdō will wissen, dass das Internationale Olympische
       Komitee (IOC) noch in diesem Jahr das Austragungsrecht nach Japan geben
       dürfte.
       
       Die Zwei-Millionen-Metropole auf der Nordinsel Hokkaidō gibt sich sportlich
       und gesund, umweltfreundlich, wirtschaftskräftig und barrierefrei. In einem
       weiteren PR-Film passiert eine Rollstuhlfahrerin problemlos die
       Bezahlschranke einer U-Bahn-Station. Und ein Sprecher der städtischen
       PR-Abteilung sagte jüngst: „Als Sapporo 1972 die Winterspiele
       veranstaltete, wuchs die Bevölkerung schnell an, daher wurden neue
       Wohnhäuser mit modernen Heizungen gebaut. Heute geht es darum, die Stadt
       auf für Sapporo typische Art barrierefrei zu machen, damit alle hier gut
       leben können.“
       
       Großspurige Betonungen von Nachhaltigkeit und Erneuerung sind in Japan noch
       in frischer Erinnerung. Ähnlich hat sich die Hauptstadt Tokio positioniert,
       als sie Gastgeberin der Sommerspiele 2020 werden wollte. Nicht nur wegen
       der Pandemie wurde die Veranstaltung dann zu einer weiteren kontroversen
       Olympiaausgabe. „Tokyo 2020“, das [1][pandemiebedingt erst im Sommer 2021]
       stattfand, hielt keines seiner vielen Versprechen: Für die Steuerzahler
       blieb es nicht kostenlos; wegen des Zuschauerverbots gab es auch kaum
       Impulse für mehr Diversität und Internationalität. Rund 80 Prozent der
       Bevölkerung waren letztlich gegen die Austragung. Die Regierung aber zog
       sie durch.
       
       Das gefällt nicht jedem. „Als wäre nichts gewesen, soll jetzt einfach das
       nächste Großevent kommen“, sagt etwa Yasuko Fukui, die in Sapporo die
       stadtbekannte Jazzbar Slowboat führt. „Ohne noch einmal darüber zu
       sprechen, was mit den Sommerspielen von Tokio alles falsch gelaufen ist?“
       An die [2][Spiele 1972] hat die 70-Jährige gute Erinnerungen, damals sei
       die Stadt im Zuge der Vorbereitungen zu einer modernen Metropole geworden.
       Heute aber wäre das Event Geldverschwendung, findet sie.
       
       Es ist eine Einstellung, die zwar nicht jeder teilt, die aber häufig zu
       hören ist. „Bei den Spielen 1972 gab es große Festivallaune“, so Fukui.
       „Die U-Bahn wurde neu gebaut, wirtschaftlich gab es Aufschwung. Aber heute
       finde ich, das Geld sollte lieber dafür verwendet werden, Fukushima wieder
       aufzubauen.“
       
       Im Gegensatz zu den Sommerspielen in Tokio werden in Sapporo historische
       Bezüge auf andere Weise hergestellt. So wurde am 3. Februar, einen Tag vor
       der Eröffnungsfeier der Spiele in Peking, ein Monument im Stadtzentrum
       errichtet. Im Ōdōri-Park von Sapporo ragen nun drei Meter hohe olympische
       Ringe in den Himmel. An einem Weg, der zum Hauptbahnhof führt, sind
       historische Fotos und aktuelle Werbeplakate angebracht.
       
       Umfragen haben im vergangenen Jahr eine gespaltene Stadt dokumentiert. Doch
       die Offiziellen geben sich Mühe. Ende letzten Jahres wurden Einsparungen im
       Budget um 20 Prozent angekündigt, auf umgerechnet rund 2,3 Milliarden Euro.
       Sapporos Bürgermeister Katsuhiro Akimoto sagt: „Wir haben im Jahr 2014
       schon einmal eine Befragung unter 10.000 Menschen aus Sapporo gemacht. Und
       dies wollen wir nun erneut tun.“
       
       Bei einer solchen „Teilbefragung“ sollen ab März 17.500 Menschen aus
       Sapporo, Hokkaidō und anderen Teilen Japans mit möglichst diversen
       Hintergründen per Telefon, Internet und auf der Straße befragt werden. Auf
       welche Weise man sich an das Ergebnis einer solchen Bürgerbefragung binden
       wolle, hat der Bürgermeister aber nicht erklärt.
       
       21 Feb 2022
       
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