# taz.de -- die wahrheit: Trimmy, die Fitnesswurst
> Im Laufe der Jahre sieht man allerhand Trends und Moden an sich
> vorbeiziehen...
...So kann ich mich noch gut an die "Trimm Dich"-Bewegung der
Siebzigerjahre erinnern. Auf einmal war es nicht mehr in - wie im
vorangegangenen Jahrzehnt - schlapp rumzuhängen, Zigaretten zu rauchen,
Kopf- und Barthaare hemmungslos wachsen zu lassen und die Vitalfunktionen
auf die einer Winterschlaf haltenden Schildkröte zu reduzieren. Aktiv sein,
hieß die neue Devise, "Trimm Dich" der flotte Imperativ. "Trimm-Dich-Pfade"
wurden angelegt, überall sah man das Cartoon-Maskottchen, den kleinen
quadratköpfigen "Trimmy", und Adidas nannte einen Sportschuh "Trimm Trab".
Aber im Gegensatz zum heutigen Sportlerwesen roch die ganze Angelegenheit
damals noch nach Schweiß im Schritt, nach von Körpersäften vollgesogenen
Polyester-Traningsanzügen - kurzum: nach Sex im Charlotte-Rocheschen Sinne.
Doch schon die Aerobic-Bewegung der Achtzigerjahre deutete an, dass Sport
bald was anderes sein würde: Jane Fonda und Konsorten erfanden die an den
Hüften bis unter die Achseln ausgeschnittenen Sportbodys, das
Frottee-Stirnband und die hochstehenden Beton-Frisuren, denen selbst die
ätzendste Sportlerschwitze nichts mehr anhaben konnte. Inzwischen ist
"Fitness" im größeren Komplex "Wellness" aufgegangen. In der "Wellness"
müffelt nichts mehr, hier riecht alles nach Deoroller, Intimspray,
Calendula-Massageöl und aromatherapeutischen Blütenessenzen. Das kann man
gut oder doof finden. Es kann einem auch humpe sein, wie mir. Dennoch
begrüße ich aus Gründen der Ausgewogenheit, dass es auch im
Wellness-Business Tendenzen zurück gibt - wenn schon nicht zu Schweiß und
Tränen, dann immerhin zu Fleisch und Blut. Kürzlich schickte mir eine junge
Dame, die wie ich aus Kassel stammt, einen Zeitungsartikel mit der
Überschrift "Die erste Wellness-Fleischerei in Hessen". Hoppla, dachte ich,
nicht immer so schusselig lesen, Brille auf, nochmal versuchen. Also: Doch,
doch, da stand wirklich "Wellness-Fleischerei"! Und darunter sah man das
Foto des erfreulich moppeligen Metzger-Ehepaars Karin und Dieter Jachnik
vor dem Schaufenster ihrer Wohlfühl-Schlachterei. Im dazugehörigen Text
wurde dann das Rätsel um die Wellness-Qualifikation der hessischen
Knochenhauer gelöst. Was gibt es nicht alles bei Jachniks in der
Friedrich-Ebert-Straße 174 in Kassel: eine "Guarana-Fitness-Wurst",
"entsäuertes" Schweinehack, "probiotische" Apfel-Zimt-Leberwurst und die
beliebte "Gute-Laune-Bratwurst". Gearbeitet wird dort mit Gesundstoffen wie
"EroSan, Kiwi-Enzym, OPC, Probiotika, Spirulina, Q 10 " "Seit 2006 bieten
wir unseren Kunden allerfeinste, rechtsdrehende Fitness-Wurstwaren an,
deren Fleisch speziell von mit Müsli und Vollwertgetreide gefütterten
Schweinen stammt", wird Dieter Jachnik zitiert, der - das vergisst der
Autor nicht zu erwähnen - dereinst den Titel "Chevalier der Weißwürste"
trug. Bleibt eigentlich nur noch zu fragen, mit welchem Wellness-Trend
demnächst zu rechnen ist: Wellness-Spirituosen?
Wellness-Kneipenschlägereien? Wellness-Beerdigungen im ayurvedischen
Duftsarg? Ich denke, da sollte noch einiges möglich sein.
27 Mar 2008
## AUTOREN
DIR Hartmut El Kurdi
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