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       # taz.de -- documenta-Leiterin Naomi Beckwith: Mit ruhigem Selbstbewusstsein
       
       > Wenn Naomi Beckwith über Kunst spricht, dann klingt das nicht
       > ideologisch, sondern geerdet. Wofür steht die neue künstlerische Leiterin
       > der documenta?
       
   IMG Bild: Naomi Beckwith bei ihrer Vorstellung als künstlerische Laiterin der documenta 16 am Mittwoch in Kassel
       
       Ein Aufatmen konnte man vernehmen, als die US-Amerikanerin Naomi Beckwith
       als Kuratorin der nächsten documenta in Kassel verkündet wurde. Nicht nur
       wird unter ihrer künstlerischen Leitung die 16. Ausgabe der Weltkunstschau
       ihrem klassischen Fünfjahresturnus gemäß im Sommer 2027 stattfinden, obwohl
       es zeitlich schon knapp geworden war nach dem [1][Rücktritt der ersten
       Findungskommission] und einer [2][Totalinventur der ganzen
       Documenta-Organisation.]
       
       Die 48-jährige Beckwith verspricht mit ihrer jahrelangen Erfahrung an
       einigen der wichtigsten Museen für Gegenwartskunst in den USA auch
       Stabilität. Mit ruhigem Selbstbewusstsein trat die jetzige Chefkuratorin
       und stellvertretende Direktorin am New Yorker Guggenheim Museum am Mittwoch
       auf, bei ihr wird wieder besonnen diskutiert werden in Kassel. Das ist
       vonnöten, nachdem die letzte documenta unter der Leitung der indonesischen
       Kurator:innengruppe ruangrupa mit ihrem Konzept der vielen Kollektive
       – es kamen über 3.000 Künstler:innen nach Kassel – politisch aus dem
       Ruder geraten war.
       
       Naomi Beckwith ist nicht die erste US-Amerikanerin, die eine documenta
       leitet. Aber die in Chicago Aufgewachsene vertritt mit ihren Ausstellungen
       zur Black Culture in den USA einen vor allem angloamerikanischen
       Kunstdiskurs. Am Museum of Contemporary Art in Chicago, wo sie vorm
       Guggenheim sechs Jahre als Kuratorin tätig war, erhielt sie 2018 mit einer
       Retrospektive der Schwarzen Bürgerrechtlerin und Pionierin der
       feministischen Videokunst, Howardena Pindell, viel Aufmerksamkeit.
       
       Ihr Studium an der Kuratoren-Kaderschmiede des Londoner Courtauld Institute
       of Art schloss Beckwith mit einer Arbeit zu Adrian Piper und Carrie Mae
       Weems ab, die sich beide künstlerisch mit der Geschichte des
       US-amerikanischen Rassismus auseinandersetzen.
       
       Trotz ihrer politischen Themen scheint Naomi Beckwith nicht ideologisch zu
       sein. Das war ja das eigentliche Problem bei ruangrupa, dass sie 2022 nur
       einen politisierten, parteiischen Blick aus dem „globalen Süden“ zuließen.
       Spricht Beckwith über Kunst, dann klingt das geerdet, weit weg von steilen
       Thesen.
       
       ## Kunst soll „funky“ werden
       
       Sie möge es, wenn Kunst „funky“ wird und die Grenzen der Genres austestet,
       sagte sie kürzlich im Podcast der britischen Kunsthistorikerin Katy
       Hessel. Und sie wolle verschiedene Künstler:innen in Beziehung
       zueinander setzen, über Dekaden und Geografien hinweg. Das hat sie zuletzt
       auch im Guggenheim mit der Ausstellung „By Way of Working“ getan, als sie
       Robert Rauschenberg, Senga Nengudi [3][oder Joseph Beuys] zusammenbrachte.
       
       Ähnliches, das ließ sie durchblicken, wird sie wohl auf der documenta 16
       tun. Bei ihr wird es in Kassel wohl wieder mehr um die Kunst selbst gehen.
       
       20 Dec 2024
       
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