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       # taz.de -- indymedia fordert Pressefreiheit: Plattform oder Zeitung?
       
       > Seit zwei Jahren ist „linksunten.indymedia“ verboten. Eine ehemalige
       > Autorin hat nun beantragt, das Verbot aufzuheben.
       
   IMG Bild: Seit dem Verbot von linksunten.indymedia, sind viele der MitautorInnen auf andere Seiten ausgewichen
       
       Berlin taz | Zwei Jahre nach dem [1][Verbot der Internetplattform
       linksunten.indymedia] hat eine ehemalige Autorin einen Antrag auf Aufhebung
       des Verbots beim Bundesinnenministerium eingereicht. Auf rund 120 Seiten
       argumentiert Detlef Georgia Schulze gegen die Maßnahmen gegen linksunten
       und beruft sich dabei auf das Zensurverbot.
       
       Schulze, die sich als politische Aktivistin und „Rechtstheoretikerin“
       sieht, wird von den Ermittlungsbehörden nicht der Organisation oder
       Moderation von linksunten zugerechnet. Sie selbst gibt an, lediglich als
       Autorin der Plattform mitgewirkt zu haben. Ihre Beiträge veröffentlichte
       Schulze stets unter ihrem Klarnamen – meist zu theoretischen und
       strategischen Diskussionen innerhalb der radikalen Linken.
       
       Das Bundesinnenministerium hatte linksunten im August 2017 verboten. Dazu
       wurden mutmaßliche Betreiber*innen der Plattform zu einem Verein erklärt,
       der durch das Verbot aufgelöst wurde. Auf linksunten konnten Nutzer*innen –
       auch anonym – Beiträge ohne redaktionelle Kontrolle veröffentlichen.
       
       Die Plattform wurde vor allem von Gruppen und Einzelpersonen aus der
       radikalen Linken verwendet. [2][Das Bundesinnenministerium argumentierte],
       das Verbot sei notwendig, da auf der Plattform auch mutmaßlich strafbare
       Inhalte wie etwa Aufrufe zu Straftaten oder Bekennerschreiben
       veröffentlicht wurden.
       
       ## Strafanzeige erwünscht
       
       Gemeinsam mit zwei anderen Autoren veröffentlichte Schulze bereits 2017
       [3][eine Protesterklärung gegen das Verbot der Plattform]. Das
       Landeskriminalamt Berlin ermittelte daraufhin gegen Schulze und ihre beiden
       Mitstreiter wegen Unterstützung des verbotenen Vereins und Verwendung von
       dessen Kennzeichen.
       
       Mittlerweile wurde Strafanzeige gegen die drei linksunten-Autor*innen
       erstattet. In Zuge dessen erhielten sie Akteneinsicht, wodurch sie auch
       Zugang zu der nichtöffentlichen Begründung der Verbotsverfügung bekamen.
       Diese brauchte Schulze, um von sich aus gegen das Verbot aktiv zu werden.
       
       Der nun mehr als 100 Seiten umfassende Antrag, den Schulze am Wochenende im
       Bundesinnenministerium einreichte, weicht in der Argumentation von den
       bisherigen Verfahren im Zusammenhang mit der Plattform ab. Die
       Anwält*innen der Personen, denen die Verbotsverfügung zugestellt wurde
       und die von Durchsuchungen, Beschlagnahmungen und Überwachungsmaßnahmen
       betroffen sind, argumentieren in Bezug auf linksunten, dass das
       Vereinsverbot nichtig sei, da es keinen Verein gegeben habe.
       
       Statt auf das Vereinsgesetz hätte das Bundesinnenministerium auf das
       Telemediengesetz zurückgreifen müssen – und gegen jeden beanstandeten
       Artikel auf linksunten einzeln vorgehen müssen. Ein entsprechendes
       Verfahren ist beim Bundesverwaltungsgericht anhängig, einen Termin für die
       Verhandlung gibt es noch nicht.
       
       ## Pressefreiheit für „linksunten“
       
       Im Antrag von Schulze spielt die Frage, ob das Vereinsverbot nichtig sein
       müsse, eine untergeordnete Rolle. Stattdessen konzentriert sie sich auf die
       Meinungs- und Pressefreiheit. Das zentrale Argument lautet: linksunten sei
       ein Medium, eine „Internetzeitung“ gewesen, und keine „Internetplattform“,
       wie das Bundesinnenministerium es bewertet. Als Zeitung sei Indymedia durch
       die Pressefreiheit geschützt, was insbesondere bedeute, dass eine Zensur
       verboten sei.
       
       Ihren Antrag hat Schulze mit „Der zensierende Staat ist ein Monster“
       überschrieben. Sie argumentiert, dass der Staat nicht präventiv alle
       künftigen Beiträge durch eine Abschaltung der Plattform verhindern dürfe,
       selbst wenn einzelne Beiträge in der Vergangenheit womöglich strafbar
       gewesen seien.
       
       Dies sehen die Anwält*innen der mutmaßlichen Betreiber*innen von
       linksunten-ähnlich. Doch die Presse- und Meinungsfreiheit gelte aus ihrer
       Sicht nicht nur für Zeitungen, sondern auch für „Open-Posting-Plattformen“
       wie linksunten. Kristin Pietrzyk, eine der Anwält*innen, sagte der taz,
       dass sie den Antrag für unzulässig halte, auch wenn sie ihn nicht kenne.
       
       Zudem sehe sie die „Gefahr, nicht nur vom eigentlichen Verbotsverfahren
       abzulenken, sondern auch im Fall des Obsiegens des Innenministeriums vor
       Gericht in der öffentlichen Debatte die Klage unserer Mandanten zu
       delegitimieren und damit der Verbotsbehörde in die Hände zu spielen“.
       
       11 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Verbot-von-linksuntenindymediaorg/!5442488
   DIR [2] /Kommentar-De-Maiziere-gegen-links/!5441150
   DIR [3] https://blogs.taz.de/bewegung/2017/10/05/bekenntnis-linksunten/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alexander Nabert
       
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