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       # taz.de -- taz-Community über Klima und Klassismus: „Fokus auf Konsum ist ineffektiv“
       
       > Die Klimakrise trifft arme Menschen am härtesten – diese sind aber oft
       > von Debatten ums Klima ausgeschlossen. taz-Leserinnen berichten von
       > Klassismus.
       
   IMG Bild: Wenn Klimaschutz auf Konsumverhalten reduziert wird, sind Arme oft nicht mitgedacht
       
       An vielen Stellen zeigt sich: Vor allem die Lebensweisen reicher Menschen
       haben zum Klimawandel geführt. In der taz [1][schrieb der
       Klassismus-Experte Andreas Kemper] kürzlich: „Man kann und muss auch […]
       von Klimaklassismus sprechen. [… Der] vor allem von Reichen gemachte
       Klimawandel trifft Arme besonders hart.“
       
       Auf unserem [2][Instagram-Kanal zur Klimakrise] haben wir unsere Community
       gefragt: „Wie erlebst Du Klassismus in der Klimakrise oder in der
       Klimabewegung?“ Die Antworten kamen von Menschen aus
       Arbeiter:innenfamilien, aber auch von Nicht-Arbeiter:innen, die Klassismus
       beobachtet haben. Hier veröffentlichen wir eine Auswahl.
       
       „Wie erlebst Du Klassismus in der Klimakrise oder in der Klimabewegung?“ 
       
       Hochstapler-Syndrom. “Wieso kämpft ihr für Klimagerechtigkeit?“ war die
       Vorstellungsfrage bei meinem ersten Plenum in der neuen Klimagruppe vor
       drei Jahren. Ich war davor schon im Klimakontext aktiv und wollte in der
       neuen Stadt weitermachen. Es ging der Reihe um. Meine Aufregung wuchs mit
       jeder schlauen Antwort. Fast alle beherrschten das Vokabular, wussten, wie
       sie intellektuell klingend antworten konnten. Ich war eingeschüchtert, aber
       versuchte mich daran. Ich hatte Angst als ungebildetes
       Arbeiter:innenkind aufzufliegen. Zwischen all denen, die ihr
       bildungsbürgerliches Auftreten geerbt hatten. Eigentlich wusste ich genau,
       wieso ich da war, in die richtigen Worte fassen konnte ich es in dem Moment
       aber nicht.
       
       Emma Rosenstock, 24, Tübingen 
       
       Scham beim Einkaufen. Klimaklassismus sehe ich vor allem, wenn durch
       Politik und Unternehmen dem Verbraucher die Verantwortung auferlegt wird
       klimaneutral zu sein, um sich selbst der Verantwortung zu entziehen.
       Dadurch entsteht eine gewisse Scham, wenn sich jene Verbraucher die –
       deutlich teureren – Produkte nicht leisten können. Dadurch werden sowohl
       kapitalistische Machtstrukturen verstärkt als auch das Image der
       Unternehmen aufpoliert, sie bieten ja klimaneutrale Produkte an.
       
       Laura H., 16, Berlin 
       
       Ungerechte CO2-Bepreisung. Ich halte die aktuelle Form der CO2-Bepreisung
       für sozial ungerecht, da sie insbesondere lohnabhängige
       Geringverdiener*innen trifft. Es ist Vermieter*innen vorbehalten
       zu entscheiden, ob sie auf klimafreundliche Heizungen setzen oder die
       gestiegenen Heizölkosten über die Nebenkostenabrechnung oder eine
       Mieterhöhung an Mieter*innen weitergeben. Haushalte, die ohnehin schon
       den Großteil ihres Einkommens für Konsumausgaben verwenden, müssen dann an
       anderer Stelle Abstriche machen. Ein sozial gerechter und ambitionierter
       Klimaschutz sieht anders aus.
       
       Nina Anzenberger, 22, München 
       
       Ungleichheit für POC. Der Vorwurf, die deutsche Klimabewegung sei ein
       weißes Phänomen, stimmt schon auf den ersten Blick. Die Tatsache, dass die
       prominentesten Vertreterinnen und Vertreter in Sachen Klima keine POC oder
       Personen mit Migrations- oder Fluchthintergrund sind, zeugt von einer
       großen Ungleichheit. Junge Heranwachsende aus
       Arbeiter:innenfamilien fallen ebenfalls darunter. Auch wenn sich
       Organisationen wie „Fridays For Future“ darum bemühen, antirassistische und
       postmigrantische Strukturen zu etablieren, bleiben konkrete Veränderungen
       in der internen Ordnung als auch in der medialen Berichterstattung aus. Es
       gibt Ausnahmen, die wiederum die Regel bestätigen. Und die Regel ist weiß.
       
       Melda Demir, 20, Frankfurt/Main 
       
       Fokus auf Kosumverhalten. Für mich ist klar: die Folgen der Klimakrise
       können nur durch den Wechsel unserer Wirtschaftsweise eingedämmt werden.
       Der Verweis auf das Konsumverhalten einzelner ist daher nur wenig effektiv
       und lenkt von eigentlich notwendigen Schritten ab. Es freut nur
       Unternehmen, die ihre Gewinnspanne so weiter aufrechterhalten und die
       Kosten an uns Verbraucher*innen weitergeben können. Die
       Klimakrisenbewältigung braucht nicht nur einen ökologischen, sondern vor
       allem auch einen sozialen Umbau, da ohne Berücksichtigung der finanziell
       Schwächeren die Unterstützung für notwendige Maßnahmen weiter sinken
       könnte. Dabei brauchen wir dringend Mehrheiten für progressive
       Klimapolitik!
       
       Antonia W., 18, Dresden 
       
       UPDATE 28.05.: Ein Statement wurd entfernt, weil die Teilnehmerin nicht
       mehr mit der Veröffentlichung einverstanden war.
       
       22 May 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Klassismus-und-Bildung/!5765097
   DIR [2] https://www.instagram.com/klima.taz/
       
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