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       # taz.de -- Klimakiller Tiktok
       
       > Die Ökosünden der Digitalindustrie
       
       von Guillaume Pitron
       
       Was verbindet in Zeiten des Klimanotstands die Softwareentwickler im
       Silicon Valley, Unternehmensberater wie McKinsey, die Präsidenten der USA
       und Chinas, britische Liberale, deutsche Grüne und die Hersteller von –
       beispielsweise – Sattelschleppern?
       
       Die Überzeugung, dass die große digitale Transformation zum Wohl unserer
       Erde geschieht. „Das geht so weit, dass es immer häufiger heißt, der
       Klimawandel ließe sich überhaupt nicht bewältigen, wenn man nicht massiv
       auf digitale Technologien zurückgreift“, kritisieren etwa die Autoren einer
       Studie des französischen Thinktanks The Shift Project, einer
       Nonprofitorganisation zur Erforschung postfossiler
       Wirtschaftskonzepte.[1]Tatsächlich behaupten industrienahe
       Lobbyorganisationen, wie die in Brüssel ansässige Global e-Sustainability
       Initiative (GeSI), dass „durch die Nutzung von Informations- und
       Kommunikationstechnologien zehnmal mehr Emissionen vermieden als
       erzeugt“[2]werden.
       
       Unabhängige Forschende ziehen diese gern zitierte Rechnung allerdings in
       Zweifel. Und auch der Befund unserer Recherche, die ein Dutzend Länder
       umfasst, ist eindeutig: Die digitale Verschmutzung ist kolossal und nimmt
       immer schneller zu.„Als ich die Zahlen sah, habe ich mich gefragt: ‚Wie
       kann das sein?‘ “, erinnert sich die Informatikerin Françoise Berthoud.
       Umweltschädlich sind nicht nur die Milliarden Endgeräte (Tablets, PCs,
       Smartphones). Auch die Daten, die wir unablässig produzieren, setzen der
       Umwelt zu. Sie werden in gigantischen, Ressourcen und Energie fressenden
       Infrastrukturen transportiert, gespeichert und verarbeitet und generieren
       immer neue digitale Inhalte, für die immer mehr Ressourcen benötigt werden.
       
       Für so flüchtige Vorgänge wie das Verschicken einer E-Mail auf Gmail, einer
       Whatsapp-Nachricht, eines Facebook-Emojis, für das Hochladen eines Videos
       auf Tiktok oder eines Katzenfotos auf Snapchat wurde eine Infrastruktur
       geschaffen, die laut Greenpeace schon bald „das größte Gebilde sein wird,
       das die menschliche Spezies je geschaffen hat“.[3]
       
       Die Zahlen sprechen für sich: Die globale Digitalindustrie verbraucht so
       viel Wasser, Rohstoffe und Energie, dass ihr ökologischer Fußabdruck
       dreimal so groß ist wie der von Ländern wie Frankreich oder Großbritannien.
       Die digitalen Technologien verbrauchen inzwischen ein Zehntel des weltweit
       erzeugten Stroms und sind für fast 4 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes
       verantwortlich – knapp doppelt so viel wie der weltweite zivile
       Luftverkehr.[4]
       
       „Wenn es so weit kommt, dass die Digitalunternehmen mächtiger sind als die
       Regulierungsinstanzen, die ihnen auf die Finger schauen, besteht die
       Gefahr, dass wir ihre ökologischen Auswirkungen nicht mehr kontrollieren
       
       7 Oct 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Guillaume Pitron
       
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